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um das Gehölz nach allen Richtungen. Mehrmals konnte er sie
von seinem Versteck aus unter sich hinreiten sehen. Endlich
nach drei Stunden langen Harrens ward es still: seine Verfolger
mußten abgezogen sein. Da stieg er herab und überzeugte sich,
daß sich sein Pferd noch in seinem Versteck befand, durchsuchte
die umliegenden Felder, kroch horchend und spähend zwei
Stunden lang umher, fand aber keine Spur seiner Gefährten.
Nun durfte er nicht länger verweilen; andre heilige Pflichten
riefen ihn. Es galt, von seinen wichtigen Nachrichten Meldung
zu machen.
Als er nach dem Holze zurückschlich, gewahrte er ein mit
zwei mageren Kühen bespanntes Wägelchen. Ein armes Bäuer¬
lein und seine Tochter beluden es mit halbverdorrtem Grase, das
sie mühsam gesammelt hatten. Sie fühlten Mitleid mit ihm
und boten dem Erschöpften die erste Labung nach langer Zeit.
Der Bauer melkte seine beiden Kühe, und die Tochter schenkte
ihm zwei Birnen, die sie für den eignen Durst zu sich gesteckt
hatte. Mit einem herzlichen „VergelPs Gott!" schied er von den
guten Menschen.
Da die Karten, mit denen Graf Zeppelin sich im Augen¬
blick des Überfalls beschäftigt hatte, im Scheuerlenhof liegen
geblieben waren, so mußte er sich mühsam einen Weg durch das
rauhe, unwegsame Waldgebirge suchen. In tiefer Nacht er¬
reichte er Sulzbach und wagte es, hier den Rest der Nacht zu
verbringen. Am nächsten Morgen mußte er eine weite Strecke
auf einer von feindlichen Patrouillen stark begangenen Straße
reiten. Da kam ihm zu statten, daß er ein Pferd mit französi¬
scher Aufzäumung ritt, und daß damals die Uniformen der ver¬
schiedenen feindlichen Truppenteile in der französischen Armee
selber noch nicht allgemein bekannt waren. Durch unbefangene
und zuversichtliche Haltung suchte er die Feinde möglichst zu
täuschen.
Voll Dankes gegen Gott für seine Rettung betrat er bei
Schönau in der Rheinpfalz den deutschen Boden wieder. Er
traf dort auf bayrische Vorposten. Von hier hatte er noch bei¬
nahe 60 km bis Karlsruhe zurückzulegen, wo er, zum Tode
erschöpft, am Abend des 26. Juli ankam und meldete, daß Mac
Mahons Divisionen zwischen Hagenau und Bitsch aufmarschiert
waren.