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Lichte erfüllt. Bloß tief unten am Horizonte lagert ein leichter
Dunst, der den Farben der Landschaft jenen herrlichen Silberton
verleiht, der den größten Reiz der englischen Natur bildet. Einem
ungewöhnlich angenehmen Arbeitstage in London entgegensehend,
gehen wir zur Bahnstation hinunter und dampfen nach der Riesen¬
stadt an der Themse. Nach Gewohnheit der Londoner Geschäfts¬
leute vertiefen wir uns in das Lesen einer Morgenzeitung; da
ruft nach zehn oder fünfzehn Minuten ein kleiner Bursche neben
uns im Bahnwagen, indem er seine Begleiterin am Kleide zupft,
mit geheimnisvoller Miene: „Sieh einmal da den Mond, Mama!“
Wir wenden das Gesicht nach dem Fenster und starren hinaus
in den weißen, undurchdringlich scheinenden Dunst, in dem ein
Etwas schwebt, das einer purpurroten Kugel von zwanzig Zenti¬
metern Durchmesser ähnelt. Leider ist das nicht der Mond,
sondern die Sonne, die so sonderbar aussieht. Jetzt kommt
uns eine unheimliche Ahnung. Nach weiteren fünf Minuten der
Fahrt ist der Nebel schwefelgelb und undurchsichtig wie eine
Mauer. Fernere Beobachtungen werden uns dadurch abgeschnitten,
daß der Zug in einen Tunnel der Untergrundbahn hineinstürmt,
der von Steinkohlenrauch und Nebel so erfüllt ist, daß wir ohne
sofortige Schließung des Wagenfensters ersticken müßten. Das
regelmäßige Poltern der Lokomotive verwandelt sich nun zum
zögernden Stöhnen.
Der Zug fährt langsamer als sonst, denn heute sind alle
Signallichter schon bei zehn Metern Abstand völlig unsichtbar,
und da die Züge der Londoner Untergrundbahn unter gewöhn¬
lichen Umständen nur mit vier bis fünf Minuten Zwischenzeit
einander folgen, so ist die Gefahr eines Zusammenstoßes nicht
unbedeutend. Die Lage wird bald unerträglich. Mit jedem Halte¬
punkte wird das Gedränge schlimmer. Die Tausende von Hand¬
lungsgehilfen, Kontoristen und Geschäftsleuten, die zu früher
Morgenstunde nach dem Herzen Londons hineinströmen, müssen
um jeden Preis mit; denn jeden Augenblick ist eine weitere Ver¬
dichtung des Nebels zu befürchten, die zur gänzlichen Einstellung
des Verkehrs zwingen könnte. Man setzt sich einander auf die
Knie und packt sich im Gange zwischen den Sitzen gleich
Heringen zusammen. Und keine Luft zum Atmen! Der feuchte
Steinkohlenrauch brennt in der Kehle, ätzt in den Augen und
macht die Haut klebrig. Aus Mangel an Sauerstoff wird’s einem
im Kopf immer wüster, und man starrt in dumpfer Hilflosigkeit
nach den gelbroten, flackernden Gasflammen an der Decke.