fullscreen: Lehr- und Lesebuch für berg- und hüttenmännische Schulen

Geschichte 411 
erkannte, unter seinen Augen erfolgte die denkwürdige Überfahrt über 
den Alsener Sund, womit der Widerstand der Dänen gebrochen war. Es 
war eine merkwürdige Fügung, daß Moltke, der einstige Kadett von Ko¬ 
penhagen, seine erste kriegerische Leistung gerade gegen Dänemark voll¬ 
brachte. 
4. In noch weit höherem Maße zeigte sich seine Geistesgröße im 
Deutsch-Österreichischen Kriege 1866. „Getrennt marschierten" die Preu¬ 
ßen und „schlugen vereint", stets den Feind angreifend. Nie hat ein 
Feldherr höchste Kühnheit mit größter Vorsicht so zu verbinden gewußt 
wie der Sieger von Königgrätz, nie ist das Wort: ,,Erst wägen, dann 
wagen," das Moltke zu seinem Wahlspruch gemacht hatte, glänzender 
gerechtfertigt worden als in diesem Kriege, nie ist ein Held bescheidener 
und demütiger aufgetreten als Moltke nach solchen Erfolgen. Er sagte: 
„Ich habe eine Abneigung gegen Lobhildeleien. Es macht mich verstimmt, 
so etwas zu hören. Ja, der böhmische Feldzug ist ein erhabenes, ein 
ilnsterbliches Blatt m der Weltgeschichte, ein Ereignis, dessen Tragweite 
niemand heutzutage zu berechnen fähig ist. Ich habe dabei meiner Stel- 
lullg gemäß ehrlich meine Pflicht getan, wie alle meine Kameradeil die 
ihrige getan haben — weiter nichts! Gottes Allmacht hat den preu¬ 
ßischen Adler in seinem Siegesfluge geleitet. Die Tapferkeit unserer Ar- 
inee, die Umsicht unserer Führer, sowie meine Pläne waren nur Werk¬ 
zeuge seines Willens. Und wenn ich jetzt jene grenzenlosen Lobhudeleien, 
die das Publikuin mir spendet, anhöre, so verläßt mich keinen Augenblick 
der Gedanke: "Wie würde es sein, wenn dieser beispiellose Erfolg unser 
Unternehmen nicht gekrönt hätte? Wären danil diese llnverdienten Lobes¬ 
erhebungen nicht ebenso viele llnverständige Kritiken, unverständige Tadel 
geworden?'" 
Letzteres mag wohl richtig sein. Trotzdem aber konnte der Feldherr 
nicht wehren, daß sein Name, der bisher nur in der Armee näher bekannt 
ivar, überall mit Freude und Stolz genannt wurde. Von 1866 an wußte 
es jedermann, daß Moltke der Sieger von Königgrätz >var, und jeder 
Deutsche war von der Überlegenheit seiner Kriegskunst so überzeugt, daß 
eine aufsteigende Kriegsgefahr wenig Sorge machte. In Anerkennung 
seiner Verdienste und zugleich als Dank bewilligte die preußische Volks¬ 
vertretung ihm ein Geldgeschenk von scchshunderttausend Mark, wofür er 
sich das Gut Krcisau in Schlesien kaufte. 
5. Die ganze Höhe seines Könnens offenbarte sich jedoch erst in dem 
großen Kriege mit Frankreich 1870/71. In den Julitagen 1870 zeigte es 
sich, daß die Franzosen endlich nach vierjährigem Schreien „Rache für Sa- 
dowa" nehmen wollten. Moltke verließ die Stille seines Landguts und 
eilte nach Berlin, Bismarck kam von Varzin. König Wilhelm kehrte ans 
Ems zurück und sah sich bald von seinen erprobten Helden umgeben. Tag 
und Nacht wurde beraten und gearbeitet, der elektrische Funke trug die 
königlichen Befehle ins Land hinein, schnell war alles geordnet und be¬ 
reit. Nach seinen bewährten Grundsätzen führte nun Moltke, der Siebzig¬ 
jährige, in ununterbrochenem Siegeszuge das deutsche Heer tief in Frank¬ 
reich hinein und trug den Ruhm der deutschen Wasser: über Metz nach 
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