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tief ist. Die Förderwagen oder Hunde werden in gleiche höhe mit den 
Gleisen gebracht und von jungen Burschen zu den verschiedenen Arbeits¬ 
stellen in der Grube geschoben. Gben über Tage werden — wie schon 
angedeutet — die Hunde von Mädchen an ihren Bestimmungsort gebracht. 
Der Steiger zog an einer Signalleine neben der Schachtöffnung. 
Vas eine Fördergestell senkte sich fast augenblicklich,' ein Kohlenwagen 
wurde herausgezogen, und ein Arbeiter stieg in den hierdurch frei 
gewordenen, einen Meter hohen Raum des Förderkorbes und hockte sich 
mitten in dem Schmutz auf den Boden. Dann kam an mich die Reihe, 
und nicht ohne meine Verwunderung darüber kundzugeben, daß wir 
nicht — wie ich erwartet — in einer Tonne einfuhren, versuchte ich, mich 
auf denl unbequemen Platz einzurichten. Die vom schwachen Schein der 
Laterne beleuchteten Gesichter der Grubenarbeiter verzogen sich zu einem 
spöttischen Lächeln, und der Steiger, der mir anbefahl, mich dicht an seiner 
Seite zu halten, um nicht gegen die lvand des Schachtes zu fallen, erklärte 
den Lachenden, daß in der guten alten Zeit, wo der Fördermechanismus 
noch durch Pferde in Bewegung gesetzt wurde, wohl solche Tonnen, wie 
ich sie im Sinne hatte, benutzt worden wären. 
Ich hatte das unbehagliche Gefühl, als ob mir der Atem benommen 
würde und ich lebendig begraben werden sollte; doch ergeben hockte ich 
mich aus das Brett und ließ die Lampe zwischen meinen Beinen baumeln. 
Der Steiger zog wieder an einer Leine, und in eilender Fahrt ging 
es abwärts. 
Die glatte, feuchte, schwarze wand des Schachtes warf das schwache 
Licht unserer Laternen zurück und erschien mir wie ein breites, aus 
Lichtstreifen zusammengesetztes Band. ver Steiger leuchtete mit seiner 
Lampe hin und her und untersuchte die vielen Leinen, die an den offenen 
Seiten des Förderkorbes niederhingen. Nach etwa drei bis vier Minuten 
hielt dieser ohne Ruck vor einer großen Öffnung in der wand des Schachtes. 
Ver Steiger und ich krochen in den geräumigen, gezimmerten Gang, und 
jener führte mich auf dem im Halbdunkel liegenden weg zwischen vielen 
Wasserlachen hindurch, vie Luft war frisch und angenehm; aber die 
Stille und Einsamkeit dieses langen, dunklen Ganges war drückend, vie 
Förderschale setzte ihre Fahrt nach unten fort; nur das klaffende Loch 
hinter uns verband uns mit der übrigen Menschheit. 
Rasch wanderten wir vorwärts. Allmählich wurde der Gang 
niedriger; bald war er nicht mehr höher als anderthalb Meter, und 
die Wasserlachen verschwanden. Einen Augenblick blieben wir stehen, und 
der Steiger nahm ein Stück Rreide aus der Tasche und zeichnete mir auf 
einem Baumstamm den weg auf, den wir nehmen würden. Das 
Eharakteristische dieser Grube ist, daß die Rohlenflöze und Gänge sich in 
einem Winkel von dreißig bis vierzig Grad neigen; das bietet den Vorteil, 
Kippenberg, 0 3. [S.] 23
	        
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