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vorbei. Auch die Segelboote kamen jetzt von der Stelle; denn, leise
im Schilfe rauschend, war der Abendwindvom Walde her über das
Wasser gefahren. Die Sonne neigte sich; aber noch ihr letzter Blick war
ein freundliches, strahlendes Lächeln. Und als sie untergegangen war,
lag ihr roter Glanz noch lange auf den hohen Wipfeln des Grunewaldes.
94. Gründung des Alosters Lehnin.
von Willibald Alexis.
Zur Zeit, als Otto, der Sohn Albrechts des Bären, in der Mark
herrschte, lebte an dem Hose desselben ein Wendenhäuptling, Wussow
genannt. Obgleich er getauft worden, war er doch in seinem Herzen
Heide geblieben. Mit Schmerz gedachte er der früheren Zeiten, wo sein
Volk noch fest in der Mark unter eigenen Fürsten saß. Nun war das
anders geworden. Deutsche Stämme drangen immer tiefer in das Land
ein, und ein deutscher Fürst war Herr. Darüber grollte Wussow heim¬
lich, und er nahm sich vor, seinen Fürsten auf der Jagd von den
Seinen wegzulocken und ihn zu töten. Die Gelegenheit fand sich bald.
Eines Tages jagte Otto in der Gegend, wo jetzt Lehnin steht. Damals
war die Gegend anders als heute. Wo jetzt Kiefern schlank empor¬
schießen, war ein Dickicht von Eichen, Buchen und Rüstern, die inein-
anderwuchsen und Krieg führten um das bißchen Boden und Luft.
Umgefallene Stämme faulten am Boden, und Gewürm und Schlangen
krochen durch das Gestrüpp. Wo der Wald aufhörte, war die Heide mit
stachligen Ginster- und Wacholdersträuchern bedeckt, und wo die Heide
endete, gab es Bruchland, bewachsen mit Elsen und wilden Schling¬
pflanzen. In dem feuchten, warmen Dunste nisteten da zur Sommer¬
zeit Schwärme giftiger Stechfliegen. Das Wasser, wo es zu Tage kam,
spiegelte nicht die Sonne und die Sterne und den blauen Himmel ab,
sondern es war mit dickem Moose und andern Pflanzen überzogen. In
den verwachsenen Baumkronen kletterten wilde Katzen und führten
Krieg mit den Habichten, den Raben und Krähen. Der Bär schlich
brummend durch den Wald, und die Waldameise baute ihre hohen
Kegelhäuser. Auch Elentiere gab es in dem Walde.
In dieser Wildnis war nun Wussow mit seinem Fürsten allein.
Der ritt vorauf, und der Wende folgte ihm. Sie waren auf der Spur
eines Elenhirsches und hatten ihr Gefolge verloren. Die Luft war
schwül, und Gewitterwolken zogen am Himmel auf. Als der Markgraf
mit seinem Roß über einen Baumstamm setzte, sprang das Tier zu
kurz, und er glitt herab. Wussow aber faßte nach der Streitaxt, die