Full text: Haus und Vaterland I (Bd. 4 (5. Schulj.))

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das Haupt und stierte in die Wolken. Dann erzählte er, daß er einen 
schweren Traum gehabt; es sei ihm gewesen, als habe er mit einem 
wütenden Hirsch zu kämpfen gehabt; er habe ihn nicht niederzuwerfen 
vermocht, bis endlich das Feuer Gottes ihn zerschmetterte. 
Als das Gefolge den Markgrafen wiederfand und er seinen Traum 
erzählte, meinten alle, damit sei angedeutet, daß der Markgraf den 
Bösen zum Feinde habe; dem sei es zuwider, daß der Fürst den 
Götzendienst in der Mark ausrotte. Der Markgraf glaubte, daß sie 
recht hätten, und gelobte von Stund' an, auf der Stelle, wo er gelegen, 
ein Kloster zur Ehre Gottes zu erbauen. Von dort solle das Licht des 
Glaubens und gute Sitte und ehrbarer Fleiß ausgehen über das ganze 
Heidenland, und er wolle es reich begaben mit Gütern und darin eine 
Gruft bauen, in der man ihm die letzte irdische Stätte bereiten solle 
und nach ihm seinen Kindern und seinem ganzen Geschlechte. 
So stiftete Markgraf Otto, nachdem er die Wälder gelichtet und 
die Sümpfe getrocknet, die Abtei und das Kloster Lehnin. Dann ließ 
er Zisterziensermönche aus dem Mansfeldischen kommen, welche die 
hohe Kirche bauten und die Türme, die Klostergebäude und die Wälle 
und Mauern zum Schutz gegen die heidnischen Wenden, denen diese 
Stätte noch lange ein Stein des Anstoßes und des Ärgernisses war. — 
Lehnin aber nannte Otto das Kloster, weil auf wendisch der Elen¬ 
hirsch diesen Namen führt. Noch heute zeigt man in der Kirche 
den Eichenstamm, unter dessen Wipfeln der Markgraf geschlafen und 
den schweren Traum gehabt haben soll. Wussow aber ging selbst in 
das Kloster Lehnin, wo er nach wenigen Jahren starb. 
95. Iin Spreewald. 
von Theodor Fontane. 
Der Kantor Klingestein übernahm unsre Führung. Nach kurzem 
Gange durch Stadt und Park Lübbenau erreichten wir den Haupt- 
Spreearm, auf dem die für uns bestimmte Gondel bereits im Schatten 
eines Buchenganges lag. Drei Bänke mit Polster und Rücklehne ver¬ 
sprachen möglichste Bequemlichkeit, während ein Flaschenkorb von be¬ 
merkenswertem Umfang auch noch für mehr als bloße Bequemlichkeit 
sorgen zu wollen schien. Am Stern des Bootes, das lange Ruder 
in der Hand, stand Christian Birkig, ein Fünfziger mit hohen Backen¬ 
knochen und eingedrückten Schläfen, dem für gewöhnlich die nächtliche 
Sicherheit Lübbenaus, heut' aber der Ruder- und Steuermannsdienst 
in unserm Spreeboot oblag. Wir stiegen ein, und die Fahrt begann.
	        
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