Am Abend des 14. Juni 1888. Am Morgen des 15. Juni 1888. Stapellauf. Z21
133. Stapellauf.
Von Detlev von Liliencron.
1. Du trägst des Großherrn von Deutschland Namen,
gleite hinein in die salzige Flut,
losgelöst aus Niegel und Nahmen,
frei wie der Fisch und wie Adlerblut!
Stürze und stoße und stampfe die Wellen,
die dich, du Schwimmfels, umspülen, umquellen,
daß deine Wucht wie die Wiege ruht!
2. Deutscher Kaiser, Wilhelm der Zweite,
der du als Erster dein Volk gewandt
auf des Ozeans Breite und Weite,
daß es die Fernen enger umspannt:
Sei dir gedankt dein entschlossener Wille,
der in Lärm wie Gedankenstille
die Völker verfriedet von Land zu Land.
3. Äat der Taifun dich ins Chaos gezogen,
Nenner der See, getrost in den Kampf!
Fest sind die Nippen, ein C'rzring, gebogen;
trotze und siege in wüstem Gestampf!
Treu stehn Mannschaft und Offiziere,
und oben steht eisern int schmalen Reviere
der Kommodore in Gischt und Dampf.
4. Bald bricht die Sonne durch sanftes Gesäusel,
es blitzt und glitzert das heilige Meer.
Wie der Delphin im Brisengekräusel
ziehst du zielsicher fernhin und fernher.
Äoch beinett Erbauern, den kühnen Erkundern,
deinen Erfindern von technischen Wundern,
mächtiger Mittler im Weltverkehr!
5. Loch aller Arbeit, die rastlos gehämmert
all deine Herrlichkeit, all deine Pracht,
die sich, am Platz schon, wenn es noch dämmert,
den Schweiß erst trocknet in sinkender Nacht!
Bring' Glück, bring' Segen, das sei dir beschieden,
bring' unsern Llsern Freude und Frieden,
fröhliche Menschen und fröhliche Fracht!
Lesebuch für höhere Lehranstalten. Quinta. 21