Full text: [Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.]] (Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1, [Schülerbd.])

ihrem Amte zurückzutreten. Am 2. Januar 1602 legten 28 Rats¬ 
herren ihr Amt nieder, und für sie traten Bürger ein, deren Treue 
gegen die Stadt über allen Zweifel erhaben schien. Nur neun 
Ratsherren wurden dem Stadtadel entnommen, alle übrigen Mit¬ 
glieder des Stadtregiments waren Handwerksmeister oder ehrbare 
Bürger. Das Hauptverdienst an dieser Neuordnung der Dinge ge¬ 
bührte dem Stadthauptmann Hennig Brabant. Die Stadthauptleute 
waren Vertreter und Wortführer der fünf Stadtgemeinden, der ge¬ 
lehrteste und tüchtigste unter ihnen der schon genannte Brabant. 
Wenn er vor der versammelten Bürgerschaft redete, so lauschte 
jedermann seinen Worten, und seine hinreißende Beredsamkeit 
verglich man mit der Sprache eines Engels. Hennig Brabant war 
in jener Zeit der berühmteste und gefeiertste Mann der Stadt. 
Aber das Glück ist unbeständig und namentlich dann von zweifel¬ 
haftem Werte, wenn es von der Laune der großen Masse ab¬ 
hängig ist. 
Infolge der Belagerungen durch die Herzoglichen stockten in 
der sonst so betriebsamen Stadt Handel und Wandel. Die Bürger 
seufzten unter dem harten Steuerdruck, den die Besoldung eines 
großen Verteidigungsheeres, das die Stadt zu halten gezwungen 
war, verursachte. Da also die Verhältnisse unter dem neuen 
Stadtregimente sich nicht nur nicht gebessert hatten, sondern noch 
schlimmer waren als je zuvor, so konnte es nicht ausbleiben, daß 
die Stimmung unter den Bürgern bald umschlug. Die Unzufrieden¬ 
heit in der Bürgerschaft wuchs und wurde von den Geistlichen 
und den Patriziern noch geschürt. Die Geistlichen, die den Sturz 
der Patrizierherrschaft herbeigeführt hatten, waren enttäuscht, weil 
sie von den Bürgerhauptleuten nicht hinreichend geehrt wurden 
und nicht das jetzt an Spenden erhielten, was sie ehedem von den 
vornehmen Geschlechtern empfangen hatten. Die Patrizier, die die 
Herrschaft von neuem erstrebten, sehnten den Tag der Vergeltung 
herbei. Zwei mächtige Parteien, Patrizier und Geistliche, richteten 
ihre Angriffe gegen die Hauptleute und in erster Linie gegen ihren 
Wortführer Hennig Brabant. Die Geistlichkeit, an ihrer Spitze 
Magister Kaufmann, begann ihren Kampf damit, daß sie die Bürger¬ 
hauptleute aus der Kirchengemeinschaft ausschloß. Hennig Brabant 
ward beschuldigt, daß er Zauberei treibe und mit dem Teufel im 
Bunde sei. Er werde, so sprengte man aus, stets von einem 
Raben verfolgt, der niemand anders als der Teufel sein könne. 
Vergebens verteidigte sich Brabant gegen solche Beschuldigungen. 
Sie fanden bei dem Pöbel um so bereitwilligeren Glauben, als die 
Patrizier ihrerseits nicht unterließen, die Verleumdung zu verbreiten, 
daß Brabant, welcher im Aufträge der Stadt mehrmals mit den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.