Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.])

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wurde betroffen. „Dann — dann, Durchlaucht,“ sagte er, „werden 
Sie es begreiflich finden, daß Se. Majestät von Frankreich sich 
nicht mehr an die Verträge gebunden erachten können, die 
bisher zwischen Brandenburg und Frankreich bestanden.“ 
Der Kurfürst fuhr mit der Linken an den Degen. „Herr 
Marquis,“ begann er mit kraftvoller Stimme, „ich habe Sr. Majestät 
gelobt, den Frieden nach besten Kräften zu wahren, aber ich habe 
mich niemals verpflichtet, den Hilfesuchenden die Tür meines Hauses 
zu verschließen. Brandenburg steht den Verfolgten offen, die eine 
unerhörte Willkür aus der Heimat treibt. Die Greuel der 
Verfolgung der Bekenner der protestantischen Lehre dulde ich 
nicht; — fahren Sie nicht auf, Herr Marquis, ich dulde sie nicht! 
Der König von Frankreich darf in seinem Reiche schalten, wie es 
ihn gut dünkt, aber wie Se. Majestät in ihrem Lande Herr sind, 
so bin ich es in dem meinigen. Wer meinem Hause angehören 
will, der soll den Schutz genießen, den ich gewähren kann. Diese 
von Frankreich ausgewiesenen Hugenotten werden nicht zurück— 
gewiesen werden von der Tür des brandenburgischen Hauses.“ — 
„Durchlaucht,“ entgegnete Rebenac verlegen, „ich wage zu bemerken, 
daß Se. Majestät der Kaiser von Deutschland dem Entschlusse 
Ew. Gnaden nicht allzu geneigt erscheinen. Brandenburg ist stark, 
dennoch“ — er richtete sich empor — „dennoch ist der Kaiser der 
Gebieter im Deutschen Reich.“ 
Die Stirnader des Kurfürsten schwoll. „Des Kaisers Hoheit 
erkenn' ich willig an,“ rief er zornig; „aber hier im Lande bin ich 
Herr. Dem kaiserlichen Willen unterwerf' ich mich nur, wenn 
es das Wohl des Deutschen Reiches gilt, sonst niemals, Herr 
Marquis! Wenn Se—. Kaiserliche Majestät es nicht wagen wollen, 
die Flüchtlinge zu schützen, — ich wage es,“ rief er mit donnernder 
Stimme, an den Degen schlagend; „und dieses Wagnis geschieht 
nicht nur um der Vertriebenen willen, es geschieht für das Ansehen 
des Deutschen Reiches, das sich nicht beugen und schrecken lassen 
soll, wenn ein Brief aus Frankreich erscheint und Sr. Majestät 
Ludwigs XIV. Unbehagen darüber ausdrückt, daß wir die 
Vertriebenen aufnehmen. Ist man in Wien kleinmütig, in Berlin 
ist man es nicht. Melden Sie das Sr. Majestät, ich beauftrage 
Sie, Herr Marquis, und damit sind wir wohl für heut fertig!“ 
Er wandte sich schnell ab, Hexr von Rebenac verbeugte sich und 
verließ den Saal.
	        
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