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wurde betroffen. „Dann — dann, Durchlaucht,“ sagte er, „werden
Sie es begreiflich finden, daß Se. Majestät von Frankreich sich
nicht mehr an die Verträge gebunden erachten können, die
bisher zwischen Brandenburg und Frankreich bestanden.“
Der Kurfürst fuhr mit der Linken an den Degen. „Herr
Marquis,“ begann er mit kraftvoller Stimme, „ich habe Sr. Majestät
gelobt, den Frieden nach besten Kräften zu wahren, aber ich habe
mich niemals verpflichtet, den Hilfesuchenden die Tür meines Hauses
zu verschließen. Brandenburg steht den Verfolgten offen, die eine
unerhörte Willkür aus der Heimat treibt. Die Greuel der
Verfolgung der Bekenner der protestantischen Lehre dulde ich
nicht; — fahren Sie nicht auf, Herr Marquis, ich dulde sie nicht!
Der König von Frankreich darf in seinem Reiche schalten, wie es
ihn gut dünkt, aber wie Se. Majestät in ihrem Lande Herr sind,
so bin ich es in dem meinigen. Wer meinem Hause angehören
will, der soll den Schutz genießen, den ich gewähren kann. Diese
von Frankreich ausgewiesenen Hugenotten werden nicht zurück—
gewiesen werden von der Tür des brandenburgischen Hauses.“ —
„Durchlaucht,“ entgegnete Rebenac verlegen, „ich wage zu bemerken,
daß Se. Majestät der Kaiser von Deutschland dem Entschlusse
Ew. Gnaden nicht allzu geneigt erscheinen. Brandenburg ist stark,
dennoch“ — er richtete sich empor — „dennoch ist der Kaiser der
Gebieter im Deutschen Reich.“
Die Stirnader des Kurfürsten schwoll. „Des Kaisers Hoheit
erkenn' ich willig an,“ rief er zornig; „aber hier im Lande bin ich
Herr. Dem kaiserlichen Willen unterwerf' ich mich nur, wenn
es das Wohl des Deutschen Reiches gilt, sonst niemals, Herr
Marquis! Wenn Se—. Kaiserliche Majestät es nicht wagen wollen,
die Flüchtlinge zu schützen, — ich wage es,“ rief er mit donnernder
Stimme, an den Degen schlagend; „und dieses Wagnis geschieht
nicht nur um der Vertriebenen willen, es geschieht für das Ansehen
des Deutschen Reiches, das sich nicht beugen und schrecken lassen
soll, wenn ein Brief aus Frankreich erscheint und Sr. Majestät
Ludwigs XIV. Unbehagen darüber ausdrückt, daß wir die
Vertriebenen aufnehmen. Ist man in Wien kleinmütig, in Berlin
ist man es nicht. Melden Sie das Sr. Majestät, ich beauftrage
Sie, Herr Marquis, und damit sind wir wohl für heut fertig!“
Er wandte sich schnell ab, Hexr von Rebenac verbeugte sich und
verließ den Saal.