Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.])

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„Wir werden die ersten daran sein,“ rief er im Reiten; „seeht, 
da ist der Halensee schon.“ Die Hunde jagten heran, mit einem 
ungeheuren Sprunge setzte der Hirsch in die Fluten des Sees. 
„Jetzt rechts ab!“ befahl der Kurfürst; „wir nehmen ihn in 
Empfang, wenn er das Trockene gewinnt.“ Die Reiter schwenkten 
rechts ab, Friedrich Wilhelm dem Zuge voran, sein Faustrohr 
schußfertig in der Hand. Plötzlich stutzte er und hielt sein Roß 
an; das ganze Gefolge machte halt. 
In scharfem Trabe kam ein Reiter durch den Forst. Als er 
des Jagdzuges ansichtig wurde, hemmte er den Lauf seines Pferdes. 
„Es ist Adam Löbel, der Kurier,“ sagte der Kurfürst; „er bringt 
eine Nachricht.“ Löbel sprengte herbei, die Hunde wurden zurück— 
geholt, langsam schwamm der Hirsch dem sichern Ufer entgegen. 
„Durchlaucht halten zu Gnaden,“ sagte Löbel mit verlegenem 
Gesicht, „ich muß zu meinem innigen Bedauern Hochdero Vergnügen 
stören. MWer es ist Ew. Kurfürstlichen Gnaden eigenster Befehl, 
daß niemals gewartet werden soll, wenn ein wichtiges Ereignis 
Dero Gegenwart erheischt.“ — „Wahr gesprochen, Adam, und ich 
zürne nicht, ich lobe den Eifer,“ sagte der Kurfürst; „was bringst 
du mir?“ — „Es ist ein großer Zug französischer Hugenotten in 
Berlin eingetroffen, die Ew. Durchlaucht Schutz anflehen. Der 
französische Gesandte, Herr von Rebenac, hat gegen das Verbleiben 
der Flüchtlinge in Berlin Einspruch erhoben, — sie sollen wieder 
dahin zurück, woher sie gekommen sind.“ 
In Friedrich Wilhelms ganzer Erscheinung machte sich plötzlich 
eine auffallende Veränderung bemerkbar. Sein vorher so heiteres 
Antlitz zeigte tiefen Ernst, die Brauen zogen sich drohend zusammen, 
und die Mundwinkel zuckten. „Oppen,“ sagte er, „laß abblasen, 
schnell zurück ins Jagdschloß! Um elf Uhr muß ich in Berlin sein.“ 
Die Jagdgesellschaft kehrte ungern um. Als der Kurfürst es 
merkte, wandte er sich im Sattel um und sagte feierlich: „Kinder, 
murret nicht! Ich war heut wieder auf einige Stunden vergnügt 
und muß doch der erste sein, der gehorcht, wenn es dem Dienste 
des Landes gilt. Es ist ein schönes Ding um die Lust der Jagd, 
aber sie bleibt eitles Spielwerk gegen den Dienst, zu dem ein 
Fürst verpflichtet ist. Vorwärts — zum Schloß und dann nach 
Berlin!“ 
II. Der französische Gesandte. 
Um elf Uhr hielt der Jagdwagen des Kurfürsten im Hofe 
des Berliner Schlosses. Der Kurfürst begab sich eiligst in seine
	        
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