203. Bellende Hunde. 204. Der Bogenschuͤtze.
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203. (205.) Bellende Hunde.
Hunde, die viel bellen, beißen nicht.
Vor dem Beller hat man sich am wenigsten zu fürchten, mehr
vor dem, der fillschweigend heranschleicht und zufährt. Bei Menschen
nicht anders! Der Polterer und Lärmer wird selten zuschlagen;
seine Win verzehrt sich in Worten. —
Laß den Hund bellen! beißt er doch nicht. Man muß die
Leute reden lassen. Wer kann einem jeden den Mund stopfen? —
J. Ch. Blum.
204. (206.) Der Bogenschũütze.
LZu dem König Philipp in Griechenland, weleher eine
loste Stadt belagerte, kam ein Bogenschũtze, Namens Aster,
und bot ihm seine Dienste an. „Du wirst mich brauchen
können, Kõönig Philĩpp,“ sprach er; „denn ieh fehle niemals
mit meinem Bogen; selbst den Vogel im schnellsten Fluge
hol mein Pfeil vos den Lufien herunter.“ — „Du bist ein
Lunstler, antwortete spöttisch der Köonig. „Schade, dah
leh gerade jetzt mit Menschen Krieg führe; sobald ich aber
einmal mit den Staren Streit anfange, werde ich dich zu
allererst in Dienst nehmen.“ Aster war durch diesen Spott
beleidigt und sehlich sich in die belagerte Stadt, um sich an
dem Kônige rüchen zu können. Die Belagerten nahmen ihn
but auf und wiesen ihm einen Posten auf der Mauer an.
dehon am andern Tage, als der König durch seine Soldaten
bing, um ihren Mut anzufeuern, fuhr ihm plötzlch ein Pfeil
ins rechte Auge. NMan eilte herbei, zog ihm denselben her-
aus und las mit PErstaunen eine Aufschrift. Sie lautete:
„König Philipps rechtem Auge! Aster.“ sobald der Kõnig
dieh erholt hatte, befahl er, einen andern Pfeil in die Stadt
au schieben mit der Aufschrift: „Menn König Philipp die
dtadt einnimmt, so lüßt er den Aster hüngen.“ Die Wunde
des Königs wurde geheilt und bald darauf die Stadt erobert.
Da hielt nun freilieh der König Wort, und der treffliche
Bogenschutze kam an den Galgen; aber Philipp hat dadureh
sein Auge doch nieht wieder bekommen, und die Lust zu
Spötterelien war lhm auf immer vergangen.
burtmann.