Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen (Teil 5, [Schülerbd.])

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damit man sie nachher wieder auseinander nehmen und zu jedem 
andern Drucke noch gebrauchen könne. Der erste Versuch ge¬ 
lang nicht nach Wunsch, weil die hölzernen Lettern leicht zer¬ 
sprangen; daher nahm er bleierne, dann zinnerne. Im Jahre 
1439 wurde die Presse erfunden. Doch ist keine sichere Spur 
davon vorhanden, dass es in Strassburg schon zum wirklichen 
Drucken gekommen sei. 
Im Jahre 1444 kehrte Gutenberg mittellos nach Mainz zu¬ 
rück und setzte seine Versuche fort. Hier verband er sich im 
Jahre 1450 mit Johann Pust oder Faust, einem reichen Gold¬ 
schmiede, und mit Peter Schösser, einem gewandten Bücherab¬ 
schreiber und Zeichner, den Fust später zu seinem Schwieger¬ 
söhne machte. Durch letzteren insbesondere gewann die Kunst 
sehr an Vollendung, indem er den Rat gab, die Buchstaben in 
festes Metall zu schneiden, diese dann in weicheres einzuschlagen 
und in den so gewonnenen Matrizen (Formen) zu giessen, statt 
sie mühsam einzeln zu schneiden. Auch erfand er eine bessere 
Druckschwärze aus Kienrufs und Leinölfirnis. Von nun an 
schritt die Kunst rasch vorwärts; man war schon imstande, ein 
ganzes Werk zu drucken. Das erste war eine lateinische Bibel 
in drei Bänden, die wahrscheinlich 1455 vollendet wurde ; dann 
1457 die Psalmen, bei denen zuerst Drucker und Jahreszahl 
genannt sind; das erste in deutscher Sprache gedruckte Buch 
ist eine Mahnung der Christenheit wider die Türken. — Dem 
edlen Erfinder der Kunst, welcher ihr sein ganzes Vermögen 
und alle Kräfte gewidmet hatte, ward aber nicht die Freude, 
zur Vollendung derselben mitzuwirken. Fust hatte ihm zu dem 
Unternehmen 2020 Gulden vorgestreckt, welche Gutenberg ihm 
nicht sogleich zurückgehen konnte. Fust, der ein habsüchtiger 
Mann war, verklagte ihn deshalb und bekam zum Ersätze für sein 
geliehenes Geld Guten bergs Lettern und Gerätschaften. Guten¬ 
berg selbst wurde von dem Unternehmen ganz ausgeschlossen. 
Die ersten Werke der Druckerei, welche schon im Anbe¬ 
ginn der Kunst eine herrliche Vollendung zeigten, setzten alle 
in beispielloses Erstaunen; denn man hielt das Gedruckte für 
Geschriebenes und konnte nicht begreifen, wie man in so kurzer 
Zeit unzählige Blätter auf einmal und so ähnlich beschreiben 
konnte, dass in den Schriftzügen nicht der geringste Unterschied 
wahrzunehmen war. Manche hielten es sogar für Zauberei. 
Insbesondere waren diejenigen erbittert, denen der einträgliche
	        
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