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bewegt sein Herz ist. Am Vorabend des Feiertags macht der Schlaf
seine Rechte nicht so streng geltend, wie an den übrigen Werktagen,
und so kann der Arbeiter ein Stündchen länger plaudern und sich
ergötzen im Kreise der Seinigen. Am Feiertage selber aber tauschen
Vater und Mutter traulich ihre Gedanken aus und überlegen, was
geschehen mm* aum Wohle des Hausstandes und der Kinder. Nach—
mittags macht e ganze Familie einen Spaziergang, und abends wiegt
der Vater den kleinen Liebling auf den Knieen. Das Herz geht ihm
dabei auf, und er faßt neuen Mut und frische Lust, rastlos zu schaffen
für seine Lieben.
5. Nach solchen Betrachtungen sollte man es kaum für möglich
halten, daß der Tag des Herrn dem Menschen auch zum Unsegen
gereichen kann, und doch ist 's leider so. Gar mancher Mbeiter, der
die Woche hindurch nüchtern gelebt hat, glaubt am Sonntag sich durch
Unmäßigkeit entschädigen zu müssen. Da bricht denn das Feuer der
Leidenschaft, das in der Woche durch anhaltende, beschwerliche Arbeit
gedämpit war, in hellen Flammen aus. Zu wie vielen Verbrechen
die Ausschweifungen am Sonntag verleiten, kann leicht durch statistische
Aufstellungen nachgewiesen werden. Im Jahre 1876 waren in 40 deutschen
Strafanstalten 10823 Gefangene untergebracht, darunter 963 wegen
Körperverletzung und Totschlag, und von den letzteren hatten 380 ihre
That am Sonntag verübt. Wie traurig ist es doch, daß so manches
Gut, welches der Schöpfer zum Heile der Menschen bestimmt hat,
durch ihre eigene Schuld Unheil über sie bringt!
Bilder aus der UNatuvr.
184. Hiuter dem Pfluge.
Grosser.
Wenn im Osten der Morgen graut, da rüstet sich schon der fleißige
Landmann zum Aufbruch; mit seinen Pferden, den treuen Genossen
seiner Arbeit, eilt er hinaus, um seinen Acker zu bestellen. Die winter—
liche Schneehülle ist bei dem lauen Südwinde des März geschmolzen,
und die belebende Feuchtigkeit hat den Boden durchdrungen und
gelockert. Nun muß auch der Mensch das Seinige thun, um den Schoß
der Erde vorzubereiten zur Aufnahme des Saatkornes. Noch ist es