Full text: Der schwarze Herzog (7)

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Bild seiner edlen Gemahlin, das in einem schlichten Rahmen 
über dem Bette hing. Lange stand er im Anschauen der 
geliebten Züge versunken; dann aber sprach er: „O Du 
Geist meiner verklärten Marie, ich fühle Deine unsichtbare 
Nähe. Bist Du es, die mir heute dieses einfache Bürger¬ 
mädchen entgegengeführt hat, deren schlichte Worte mein 
Herz so wunderbar berührten? Ich danke Dir dafür; Du 
hast mir dadurch den Glauben an die Menschheit zurück¬ 
gegeben. O wäre ich kein Herzog, wäre ich der schlichte 
Handwerker, der ich jetzt zu sein scheine, ich wüßte, was 
ich thäte — und Du. Du Gute, würdest mich deshalb 
nicht tadeln!" Er setzte sich an's offene Fenster und stützte 
das Haupt in die Hand, und heiße Thränen rannen über 
seine gebräunten Wangen. So saß er noch, als bald dar¬ 
auf die Thür sich öffnete und Marie Holleufer auf der 
Schwelle erschien, um ihm zu melden, daß das Abendessen 
für ihn bereit stehe. 
(Siebentes Kapitel: 
3« Gefahr. 
Zur festgesetzten Stunde sammelten sich, wie gewöhnlich, 
die treuen Anhänger des Herzogs im weißen Roß. Es 
war eine ziemlich zahlreiche Gesellschaft, und wie alle 
Stände, so waren auch alle Konfessionen vertreten, denn 
auch den katholischen Geistlichen der Stadt und zwei jüdische 
Kaufleute sah man in derselben. Das gemeinsame Unglück 
des Vaterlandes führte selbst die zusammen, die sich sonst 
im Leben wohl gegenüberstanden; sie waren, was auch sonst 
sie trennte, einig in der Liebe zu dem vertriebenen Welfen- 
hause und dem Haß gegen die Fremdherrschaft, und das 
war ein Band, stark genug, um sie zusammenzuhalten und 
die Unterschiede vergessen zu machen. 
Als alle in der Stube an dem langen Tische saßen
	        
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