Full text: [Teil 5, [Schülerband]] (Teil 5, [Schülerband])

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wir hörten lange Zeit nichts, bis eines Tages alle Glocken 
in der Stadt läuteten und auch im ganzen Lande, wie sie sagten. 
Ls war eine große Schlacht gewesen, und unsere hatten gewonnen, 
und mein Ludwig war — tot! 
„Der erste!" sagte mein Hlter. 
wieder ging eine Zeit hin, und einmal kam das Kanonen¬ 
schießen so nahe, daß die Leute vor das Tor liefen, es zu hören,' 
natürlich liefen mein Gottfried und ich mit. Da kamen bald aus 
der Gegend her, wo es so rollte und donnerte, wagen mit ver¬ 
wundeten, Freund und Feind durcheinander, und immer mehr und 
mehr. Die wurden alle in die Stabt gebracht. 
„Herr, mein Heiland!" muß ich auf einmal ausrufen, „ist das 
nicht der piär von damals, von Hnno Lechs?" 
Richtig, er war's. Mit abgeschossenem Bein lag er auf dem 
Stroh und wimmerte ganz jämmerlich. „Den nehm' ich mit," sagte 
mein HIter und bat ihn sich aus, und wir brachten ihn hier ins 
Haus. Da kurierten wir ihn. Hls er besser wurde, hatte mein Mann 
oft seine Reden mit ihm. Einmal war der Franzos oben auf, einmal 
• mein HIter. Da hieß es plötzlich, die Deutschen seien wieder ge¬ 
schlagen und der Napoleon abermals (Obermeister. Mein HIter sah 
den Wilhelm bedenklich an, als ginge er mit sich zu Rat' als aber 
in der Nacht die Sturmglocken auf allen Dörfern läuteten, wußte 
ich, was geschehen würde, und weinte die ganze Nacht, und am 
Morgen zog auch mein Wilhelm fort mit den grünen Jägern zu 
Fuß. vorher aber führte ihn mein HIter noch an das Rett des 
Franzosen und sagte: „Das ist der zweite!" — Der Franzos 
schaute ganz kurios drein und sagte gar nichts, sondern drehte sich 
nach der wand. nl 
Das Kanonenschießen kam nun nicht wieder so nah, und der 
Wilhelm schrieb von großen Schlachten, wo viele tausend Menschen 
zu Tode kamen, aber er nicht, und die Briefe kamen immer ferner 
her, und auf einmal standen gar welsche Namen darauf. Die brachte 
mein HIter dem Franzos herauf, der nun schon ganz gut deutsch 
konnte, und sagte lachend zu ihm: „Nun, Gevatter! Nit raus? nit 
raus?" Und der Franzos machte ein gar erbärmlich Gesicht und 
sagte, den Brief in der Hand: „Das sein mein Limatsort, da wohnen 
mein Vater und mein Mutter!" Mein HIter aber saß am Bett und 
rechnete an den Fingern: „Eins, zwei, vier — acht. Hcht Jahr, 
Gevatter Franzos! warum habt ihr meine zwölf nicht genommen?"
	        
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