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gefallene Schnee die Pfade verborgen und verdorben hatte, verirrten
und glitten Menschen und Tiere und stürzten in die Abgründe. Ja
gegen das Ende des ersten Tagesmarsches gelangte man an eine Weg¬
strecke von etwa 200 Schritt Länge, auf welche von den steil darüber
hängenden Felsen des Cramont beständig Lawinen hinabstürzen, und
wo in kalten Sommern der Schnee das ganze Jahr liegt. Das
Fußvolk ging hinüber, aber Pferde und Elefanten vermochten die
glatten Eismassen, über welche nur eine dünne Decke srischgefallenen
Schnees sich hinzog, nicht zu passieren, und mit dem Trosse der
Reiterei und den Elefanten nahm der Feldherr oberhalb der schwierigen
Stelle das Lager. Am folgenden Tag bahnten die Reiter durch
angestrengtes Schanzen den Weg für Pferde und Saumtiere, allein
erst nach einer weiteren, dreitägigen Arbeit, mit beständiger Ablösung
der Hände konnten endlich die halbverhungerten Elefanten hinüber¬
geführt werden. So war nach viertägigem Aufenthalt die ganze
Armee wieder vereinigt, und nach einem weiteren dreitägigen Marsch
durch das immer breiter und fruchtbarer sich entwickelnde Thal der
Dora, dessen Einwohner in den Karthagern ihre Verbündeten und
ihre Befreier begrüßten, gelangte die Armee um die Mitte des
September in die Ebene von Jvrea, wo die erschöpften Truppen in
den Dörfern einquartiert wurden, um durch gute Verpflegung und
eine vierzehntägige Rast von den beispiellosen Strapazen sich zu er¬
holen. Hätten die Römer, wie sie es konnten, ein Corps von 30000
ausgeruhten und kampffertigen Leuten etwa bei Turin gehabt und
die Schlacht sofort erzwungen, so hätte es mißlich ausgesehen um
Hannibals großen Plan; zum Glück für ihn waren sie wieder ein¬
mal nicht, wo sie sein sollten, und störten die feindlichen Truppen
nicht in der Ruhe, deren sie so sehr bedurften.
Das Ziel war erreicht, aber mit schweren Opfern. Von den
50000 zu Fuß, den 9000 zu Roß dienenden alten Soldaten, welche
die Armee nach dem Pyrenäenübergang zählte, waren mehr als die
Hälfte das Opfer der Gefechte, der Märsche und der Flußübergänge
geworden; Hannibal zählte nach seiner eigenen Angabe jetzt nicht
mehr als 20 000 zu Fuß — davon drei Fünftel Libyer, zwei Fünftel
Spanier — und 6000 Reiter, deren verhältnismäßig geringer Ver¬
lust nicht minder für die Trefflichkeit der numidischen Kavallerie
spricht als für die wohlüberlegte Schonung, mit der der Feldherr
diese ausgesuchte Truppe verwandte. Theodor Mommsen.
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