Full text: Deutsches Lesebuch für Lehrer- und Lehrerinnen-Seminare

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1l. Etwas im Schilde führen. 
Diese Redensart entstammt dem Gebrauch, nach welchem die Ritter bei ihren 
Kampfspielen an ihren Rüstungen, insonderheit an dem Schilde, Abzeichen trugen, 
durch welche sie den Zweck des von ihnen beabsichtigten Kampfes erkennbar machten, 
so daß man gleichsam von ihren Schilden ablesen konnte, um was sie streiten 
wollten. — Man sagt deshalb auch heut von jemand, dessen Verhalten eine 
bestimmte Absicht ahnen läßt: „Er führi etwas im Schilde“. 
Vergleiche die bildliche Redensart: „Die Farbe zeigen,“ welche mit der Sitte 
zusammenhängt, nach welcher jemand seine Gesinnung und sein Trachten durch 
Farben oder andere Abzeichen zu erkennen giebt. 
12. Um des Kaisers Bart streiten. 
Diese sprichwörtliche Redensart soll die nachfolgend angeführte geschichtliche 
Grundlage haben: Unter den Münzkundigen entstand ein Streit darüber, ob das 
Bildnis auf den echten Münzen von Kaiser Karl d. Gr. einen Bart erkennen lassen 
müsse, oder nicht; denn auf einigen Siegelabrücken erschien das Bildnis des Kaisers 
mit einem Bart, auf den andern ohne denselben. Aus diesem Umstande erwuchs 
der Verdacht, daß ein Teil der Münzen unecht sei, und es ward deshalb die Frage 
aufgeworfen, welche Münzen als die echten zu betrachten seien. Die Frage konnte 
aäber nur dadurch entschieden werden, daß man erforschte, ob der Kaiser einen Bart 
getragen habe, oder nicht. Diese Untersuchung verfiel dem Witz der Spötter und 
gab den Anlaß zur Entstehung der angeführten Redensart. 
Ob mit der vorstehenden historischen Deutung wirklich der Quellpunkt der 
Redensart getroffen ist, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls ist sie geeignet, den 
Sinn derselben zu bestätigen, nach welchem man mit ihr einen Streit um Dinge 
von untergeordneter Bedeutung charakterisiert. 
e. Sprichwörtliche Redensarten ohne Erklärungen. 
Mit der Thür ins Haus fallen. — Das Kind mit dem Bade ausschütten. 
— Den Hafer von der Gans kaufen. — Nicht auf einen grünen Zweig kommen. 
Sich eine Rute binden. — Wasser mit einem Siebe schöpfen. — Wasser ins 
Meer tragen. — Jemandem ein Dorn im Auge sein. — Zwei Fliegen mit einer 
Klappe schlagen. — In den Wind reden. — Sich etwas hinters Ohr schreiben. 
Jemanden den Mund wässerig machen. — Jemandem aus dem Auge geschnitten 
sein. — Zwischen Thür und Angel stecken. — Zwischen Hammer und Amboß 
kommen. — Die Nafe hochtragen. — Leeres Stroh dreschen. — Um den Brei 
herumgehen. — Seine eigne Haut zu Markte tragen. — Jemandem einen Floh 
ins Ohr setzen. — In ein Wespennest greifen. — Jemandem den Brotkorb höher 
hängen. — Einen Vock schießen. — Nach jemandes Pfeife tanzen. — Mit der 
Wurst nach der Speckseite werfen. — Etwas aus dem Ärmel schütteln. — Etwas 
aus den Fingern saugen. — Den Mantel nach dem Winde hängen. — Das fünfte 
Rad am Wagen sein. — Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen. — Haare 
auf den Zähnen haben. — In ein Horn blasen. — In einen fauern Apfel beißen. 
D Jemanden auf die Beine bringen. — Einem die Stange halten. — Aus der 
Hand in den Mund leben. — Weder gehauen noch gefiohen sein — Das Hasen— 
panier ergreifen. — Haare lassen. — Vom Pferde auf den Esel kommen. — Es 
faustdick hinter den Ohren haben. — Im Trüben fischen. — Das Gras wachsen 
hören. Ein Haar in etwas finden. — Aus der Not eine Tugend machen. — 
Die Katze im Sack kaufen Jemandem den Leviten lesen. — Etwas mit dem 
Mantel der Liebe bededen. — Den gestrigen Tag suchen. — Der Katze die Schelle 
anhängen. — Jemanden auf den Händen tragen. — Die Perlen vor die Säue
	        
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