Volltext: Poetische Blumenlese oder Grundlagen für den Unterricht in der Poetik und Litteraturgeschichte

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Dritte Abteilung. Lyrische Poesie. 
Und des Himmels Wolken schauen 
Hoch hinein 
Einen Blick 
Nach dem Grabe 
Seiner Habe 
Sendet noch der Mensch zurück, — 
Greift fröhlich dann zum Wanderstabe. 
Was Feuers Wut ihm auch geraubt, 
Ein füßer Trost ist ihm geblieben; 
Er zählt die Häupter seiner Lieben, 
Und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt. 
6. In die Erd' ist's aufgenommen, 
Glücklich ist die Form gefüllt; 
Wird's auch schön zutage kommen, 
Daß es Fleiß und Kunst vergilt? 
Wenn der Guß mißlang? 
Wenn die Form zersprang? 
Ach, vielleicht, indem wir hoffen, 
Hat uns Unheil schon getroffen. 
An verwaister Stätte schalten 
Wird die Fremde, liebeleer. 
7. Bis die Glocke sich verkühlet, 
Laßt die strenge Arbeit ruhn. 
Wie im Laub der Vogel spielet, 
Mag sich jeder gütlich thun. 
Winkt der Sterne Licht, 
Ledig aller Pflicht, 
Hört der Bursch die Vesper schlagen; 
Meister muß sich immer plagen. 
VII. Munter fördert seine Schritte 
Fern im wilden Forst der Wandrer 
Nach der lieben Heimathütte. 
Blökend ziehen heim die Schafe, 
Und der Rinder 
Breitgestirnte, glatte Scharen 
Kommen brüllend, 
Die gewohnten Ställe füllend. 
Schwer herein 
Schwankt der Wagen, 
Kornbeladen; 
Bunt von Farben, 
Auf den Garben 
Liegt der Kranz, 
Und das junge Volk der Schnitter 
Fliegt zum Tanz. 
Markt und Straße werden stiller; 
Um des Lichts gesell'ge Flamme 
Sammeln sich die Hausbewohner, 
Und das Stadtthor schließt sich knarrend 
Schwarz bedecket 
Sich die Erde; 
Doch den sichern Bürger schrecket 
Nicht die Nacht, 
Die den Bösen gräßlich wecket; 
Denn das Auge des Gesetzes wacht. 
Heil'ge Ordnung, segensreiche 
Himmelstochter, die das Gleiche 
Frei und leicht und freudig bindet, 
Die der Städte Bau gegründet, 
Die herein von den Gefilden 
Rief den ungesell'gen Wilden, 
Eintrat in der Menschen Hütten, 
Sie gewöhnt zu sanften Sitten, 
Und das teuerste der Bande 
Wob, den Trieb zum Vaterlande. 
Tausend fleiß'ge Hände regen, 
Helfen sich in munterm Bund, 
Und in feurigem Bewegen 
VI. Dem dunkeln Schoß der heil'gen 
Erde 
Vertrauen wir der Hände That, 
Vertraut der Sämann seine Saat 
Und hofft, daß sie entkeimen werde 
Zum Segen, nach des Himmels Rat. 
Noch köstlicheren Samen bergen 
Wir trauernd in der Erde Schoß 
Und hoffen, daß er aus den Särgen 
Erblühen soll zu schönerm Los. 
Von dem Dome, 
Schwer und bang, 
Tönt die Glocke 
Grabgesang. 
Ernst begleiten ihre Trauerschläge 
Einen Wandrer auf dem letzten Wege. 
Ach! die Gattin ist's, die teure, 
Ach! es ist die treue Mutter, 
Die der schwarze Fürst der Schatten 
Wegführt aus dem Arm des Gatten, 
Aus der zarten Kinder Schar, 
Die sie blühend ihm gebar, 
Die sie an der treuen Brust 
Wachsen sah mit Mutterlust. 
Ach! des Hauses zarte Bande 
Sind gelöst auf immerdar; 
Denn sie wohnt im Schattenlande, 
Die des Hauses Mutter war; 
Denn es fehlt ihr treues Walten, 
Ihre Sorge wacht nicht mehr;
	        
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