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hat manches Geldstück in seinen Kasten hinter das kupferne Zahlbrett 
geschoben. Auch der Rat ist zufrieden, es ist nur einer tödlich ver— 
wundet worden; dagegen sitzen einige Marktdiebe gefangen, schlechtes 
Volk, das hier und da daheim ist. Der Nachrichter wird keine große 
Arbeit haben. 
Gustav Freytag (Bilder aus der deutschen Vergangenheit, I. Bd. 1. Abt. Leipzig, Hirzel). 
58. Beschaffenheit der Dörfer beim Beginn des Dreibig- 
jãhrigen Krieges. 
L. Deutschland galt um das Jahr 1618 für ein reiches Land. 
gelbst der Bauer hatte in dem langen Frieèden einige Mohlhäbig- 
keit erlangt. Die Zahl der Dörfer in Thüringen und Franken 
war etwas gröber als jetzt. Auch die Dörfer waren nicht ganz ohne 
Schutzwehr; ein breiter Graben, ein Zaun oder eine Wand von 
Lehm und Stein umgrenzten oft das Dorf; an den Hauptstraben 
hingen Tore, welche zur Nacht geschlossen wurden. In der Regel 
war der Kirchhof mit besondrer Mauer geschützt; er bildete mebr 
als einmal die Burg und letzte Zuflucht der Bewohner. Dorf 
und Flur wurden dureh Nacht- und Tagwächter beschritten. Die 
Häuser waren zwar nur von Holz und Lehm in ungefälliger Form, 
oft in engen Dorfstrahen zusammengedrängt; aber sie waren nicht 
arm an Hausrat und Behagen. Schon standen alte Obstpflanzungen 
um die Dörfer, und viele Quellen ergossen ihr klares Wasser in 
steinerne Tröge. Auf den Düngerstätten der eingefriedeten Höfe 
tummelten sieh grobe Scharen von kleinem Geflügel; auf den 
gtoppelãckern lagen mächtige Gänseherden, und in den Ställen 
standen die Gespanne der Pferde weit zahlreicher als jetzt, wahr- 
scheinlich ein grober, starkknochiger Schlag, verbauerte Nachkom- 
men der alten Ritterrosse. Sie waren die stolzeste Freude des Hof- 
besitzers; daneben standen die „Xlepper“, eine uralte, kleine Land- 
rasse. Grohße Gemeindeherden von Schafen und Rindern grasten 
auf den steinigen Höhenzügen und in den fetten Riedgräsern. Die 
Wolle stand gut im Preise, und an vielen Orten wurde aut feine 
Zucht gehalten; die deutschen Tuche waren berühmt und Tuch-— 
waren der beste Handelsgegenstand nach andern Ländern. Diese 
deutsche Wolle, das Ergebnis einer tausendjährigen Zucht, ist den 
Deutschen im Kriege verloren gegangen. Die Dorfflur lag — 
wo nicht die altfränkische Hlurteilung in lange Bänder sich er— 
halten hatte — in drei FPelder geteilt, deren Hufen viel gespalten 
und Beet für Beet sorgfältig versteint waren. Der Acker war 
nicht ohne höhere Kultur. Ein feinmehliger, weiber Weizen wurde 
in das Winterfeld gesät. Außerdem brachten Anis und daflor 
gutes Geld; auch der Kardenbau war altheimisch; von Olsaaten 
wWurden Rübsen und Raps gesät. Der Hlachs ward sorgfältig 
dureh dié Wasserröste zubereitet, und dieé bunten Blüten des
	        
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