J. Aus der Geschichte der Tandwirkschaft.
35. Die Tandwirkschaft im Allertum.
Das semitische Volk, das der Sage nach von Osten her in Meso—
potamien einwanderte, fand hier so üppige Weideplätze, daß es feste
Wohnsitze nahm. Aber mit der zunehmenden Vermehrung der Einwoh—
ner steigerte sich auch die Zahl der Herden. Um für diese Futter zu
schaffen, galt es, den Grasertrag der Weiden zu vermehren. Des—
halb wurde das Land mit scharfen Hölzern und Steinen gelockert.
Dadurch entwickelte sich allmählich ein regelrechter Ackerbau, der sich
immer mehr als Grundlage der Kultur und Staatenbildung der
Völker erwies.
Die bloß mit ihren Herden umherziehenden Nomaden kamen bei
den inzwischen seßhaft gewordenen Völkern des Altertums immer
mehr in Verachtung. Die Bearbeitung des Bodens dagegen schätzte
man so hoch, daß man die Kunst des Feldbaus sogar den Göttern zu—
schrieb. Nach der Sage lehrte die Ägypter ihr Gott Osiris, die Grie—
chen ihr Gott Demeter das Feld bebauen. Bei den Chinesen,
wohl dem ältesten Ackerbau treibenden Volke, ist die Führung des
Pfluges auch heute noch ein gottesdienstlicher Akt, dessen auch unser
Dichter Schiller in seinem Rätsel vom Pfluge gedenkt, wenn er fragt:
„Wie heißt das Ding, das wen'ge schätzen, doch ziert's des größten
Kaisers Hand?“ War es doch von alters her Sitte, daß im Frühjahr
die erste Pflugfurche eigenhändig vom Kaiser von China ausgeführt
wurde.
Außer den erwähnten deutlichen Beweisen für eine frühzeitige
fleißige Bodenbearbeitung am Euphrat erzählen auch uralte Urkun—
den der Inder schon von Pflug (und Webstuhl). Die alten ägyp—
ti schen Baudenkmäler zeigen Bilder landwirtschaftlicher Tätigkeit
mit Sichel, Pflug und Egge. Dort war der Ackerbau wie teilweise
heute noch abhängig von der Bewässerung des Bodens durch den
Nil mit seinem ausgedehnten Kanalsystem. Düngung der Felder
nach jetzigem System war bei den Urvölkern nicht bekannt. Die Vieh—
zucht schien auch in Ägypten vernachlässigt gewesen zu sein. Der
Pflanzenbau erstreckte sich auf Gerste, Weizen, Roggen, Flachs, Baum—
wolle und eine Art Sesam zur Olgewinnung.