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7. Da, wie Autafort dort oben,
Ward gebrochen meine Kraft:
Nicht die ganze, nicht die halbe
Blieb mir, Saite nicht, noch Schaft.
Leicht hast du den Arm gebunden,
Seit der Geist mir liegt in haft;
Nur zu einem Trauerliede
hat er sich noch aufgerafft.“
8. Und der König senkt die Stirne:
„Meinen Sohn hast du verführt,
hast der Tochter herz verzaubert,
hast auch meines nun gerührt.
Nimm die hand, du Freund des Toten,
Die verzeihend ihm gebührt!
Weg die Fesseln! Deines Geistes
hab' ich einen hauch verspürt.“
186. Vorlesung.
hugo Salus. Neue Garben.
1. Das Zimmer war voll Dämmerdufts gewesen,
Da hat der Dichter Verse vorgelesen.
2. Nun schwieg er still. Der Greis sprach in das Schweigen:
„Viel tiefer Sinn ist deinen Versen eigen.“
3. Da sprach die junge Frau: „Ich kann nichts sagen;
Ich fühl' mein Herz in deinen Versen schlagen.“
4. Da sprach das Kind: „Wie deine Worte klingen!
Ich hörte dich so gern noch weiter singen ...“
187. Krititk.
Auguste Supper. herbstlaub.
1. Die junge Lerche steigt empor
Mit sonnighellem Jubilieren.
Und alsobald beginnt der Chor,
Der unten lauscht, zu kritisieren.
2. Bachstelze wippt mit ihrem
Schwanz.
„Dies nenn' ich schamlos, unverhohlen;
Denn Text und Melodie sind ganz
Aus meinem Liederbuch gestohlen.“
3. Goldammer schüttelt streng den
Kopf:
„Die Schule fehlt, das ist die Sache.
So singt ein hergelauf'ner Tropf.
Man höre doch, wie ich es mache!“
4. Frau Wachtel murrt im ühren—
feld:
„Es ist so, wie ich lang schon sage:
Die junge Musikantenwelt
Verbummelt mehr mit jedem Tage.“
5. Die Eule krächzt: „Gott, welch
Organ!
Der Vortrag ohne jede Größe.
Wenn Einer schon nicht singen kann,
Dann geb' er sich doch keine Blöße!“
6. Im Buschwerksitzt die Nachtigall
Und lauscht beglückt und hingerissen
Dem süßen, jubelhellen Schall,
Den alle hart zu tadeln wissen.