Full text: [Teil 6 = (10. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 6 = (10. Schuljahr), [Schülerband])

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299. Samoa* 
Dr. ctuguftin Krämer. 
(Die deutschen Kolonien, Hrsg, von Kurd Schwabe, II 5.121.) 
Samoa, Saoaii, Upolu, ihr lieblichsten unter den Inseln in der 
weiten Südsee! Wenn man euch vom Schiffe aus erblickt, dann jauchzt das 
herz, und eine unsagbare Lust wandelt den Nahenden an, hinüberzuspringen 
und hineinzutauchen in die üppigen Bergwälder. Vis zu 1000 Meter höhe 
reicht der langgezogene Berggrat Upolus in die Lüfte hinauf, und gar 
1600 Meter hinauf das Massiv der rhombischen Insel Savaii. Und 
allenthalben Wald, endloser Urwald! Was dabei das Schönste ist: kein 
Dornengestrüpp, kein verfilztes Unterholz hemmt den Wanderer wie in 
Nsien und Nfrika, keine giftigen Schlangen und Skorpione trüben den 
reinsten Genuß der menschlichen Seele, den jungfräulicher Waldesfriede 
auslöst. 
Und bricht die Nacht herein, was schadet's! Wenig Minuten genügen, 
um sich aus ein paar Stecken und Zweigen, mit Farn- oder Palmwedeln 
bedeckt, ein regensicheres Haus zu bauen und einen weichen Pfühl. Und 
wenn dann am frühen Morgen das Licht die Gipfel der Waldesriesen 
beleuchtet und der Thor der Sänger und Nufer losbricht, dann irrt das 
Buge träumend durch das halbdunkle Baumgewirr hinauf in die lichte 
höhe in ungetrübtem Lustgefühl. Während der Hitze des Tages aber, 
wie erfrischt ein Bad in einem der zahlreichen Bäche, welche durch die 
engen Waldesschluchten dem Meere zufließen! 
Wem gelüstet es nicht, einmal hier in den schönen Wäldern dem 
Weidwerk obzuliegen? Zahlreich sitzen in den Baumwipfeln die stattlichen 
blauen Fruchttauben, die zur Zeit der großen Fruchtreife im Uugust 
und September einen herrlich mundenden Braten liefern, von allent¬ 
halben tönt ihr kampfbereites Gurren, freilich, sie sind durch die lang¬ 
jährige Verfolgung mit dem Gewehr sehr scheu geworden, und man muß 
sich schon vorsichtig anpirschen, um sie nicht zu verscheuchen. Steht man 
unter dem hohen Baum, auf dem sie sitzen, und hat sogar einen Samoaner 
mit sich, der die Beute zeigt, so dauert es doch oft lange Zeit, bis man 
das Tier in dem dichten Laubwerk wahrnimmt. 5iel aber erst ein Schuß, 
dann streichen alle Tauben in der Umgebung ab, und der Jäger muß 
wandern, von höhe zu höhe, durch Schluchten und Bäche, bis der wege¬ 
kundige Führer ihm neue Beute nachweist. Dann ist es oft recht mühsam, 
an den steilen hängen hinaufzuklettern, wobei man Hände und Füße 
gebrauchen muß, um sich festzuhalten, und dabei noch das Gewehr tragen 
soll. Ist man aber auf der höhe, und bläst der frische Passat zwischen den 
Baumstämmen hindurch dem Ermüdeten ins heiße Antlitz, dann sind die 
Mühen rasch wieder vergessen.- 
Samoa darf hoffnungsvoll und ohne Zagen sich um den preis der 
Schönheit und Anmut unter den Südseeinseln bewerben. Aber nicht minder 
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