Full text: [Teil 8 = (9. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 8 = (9. Schuljahr), [Schülerband])

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bestehend aus einem bis drei Bürgermeistern und aus Stabträten; es gab 
auch Repräsentanten der Bürgerschaft, die in der Mark Brandenburg 
schon damals Stadtverordnete hießen. Rber was zunächst die letzteren 
angeht, so waren sie weder zweckmäßig zusammengesetzt, noch wurden sie 
überall frei von der Bürgerschaft gewählt, noch übten sie endlich einen 
wirksamen Einfluß aus die Stadtverwaltung aus. Sie waren nicht eigent¬ 
lich Vertreter der Gesamtbürgerschaft, sondern der Zünfte, zu denen die 
meisten Handwerker gehörten, und der sogenannten Gemeinheiten, in denen 
die übrigen Bewohner der Stabt zusammengefaßt wurden. Sic wurden 
in vielen Süllen überhaupt nicht von der Bürgerschaft, sondern vom 
Magistrat gewählt. Sie waren schließlich nicht eigentlich dazu da, um 
die Geschäftsführung der Magistrate zu prüfen, sondern würden selbst zu 
bestimmten Geschäften herangezogen. Mit der Wahl der Mitglieder des 
Magistrats hatte die Bürgerschaft fast nirgends etwas zu tun; dieser er¬ 
gänzte sich selbst, und zwar galten alle Mahlen nicht für bestimmte Srist, 
sondern auf Lebenszeit. 
So hätte der Magistrat mit großer Unabhängigkeit über die Stadt 
walten können, ein eigennütziges Regiment schlimmer Rrt wäre möglich 
gewesen, wenn nicht der Staat in die Lücke getreten wäre. Ihn leitete 
zunächst das fiskalische Interesse, der in den Städten erhobenen Steuer, 
der Rkzise, möglichst hohe Erträge abzugewinnen. Ihn leitete ferner der 
patriarchalische Gesichtspunkt des aufgeklärten Absolutismus, für das leib¬ 
liche und sittliche Wohl der Untertanen väterlich zu sorgen; verlangt doch 
die Vorschrift Sriedrich Wilhelms I. von den Beamten einer Kriegs- und 
Domänenkammer nicht nur, daß sie „die ihnen anvertrauten Städte fleißig 
bereisen", daß sie von ihrem Zustand „sowohl überhaupt als en detail 
die exakteste Nachricht haben und jeden Bürger und Einwohner nach 
seinen besonderen Umständen kennen", sondern auch, daß sie „die Bürger, 
so keine gute noch fleißige Bürger sind, ermahnen, daß sie sich bessern, 
oder, wenn sie sich nicht daran kehren, am Leibe strafen". Der Staat 
griff allenthalben in die Gemeindeangelegenheiten ein, die Zivilverwaltung 
auf der einen, die Rrmeeverwaltung auf der anderen Seite. Die obersten 
städtischen Beamten ernannte der Röntg selbst; bei den anderen wurde 
das der Regierung zustehende Bestätigungsrecht oft so gehandhabt, daß 
es einer Ernennung durch sie gleichkam, und so ist es vorgekommen, daß 
wohl einmal bis an den Rönig die Srage kam, ob jemand neben dem 
Totengräberdienste auch die Anwartschaft auf die Nachtwächterstelle be¬ 
halten solle. Juristen und Militäranwärter waren es vorzugsweise, mit 
denen die Gemeindeämter besetzt wurden; die Einzelheiten der Verwal¬ 
tung aber wurden von den Rriegs- und Domänenkammern und ihren 
Beauftragten, den Steuerräten, auf das genaueste beaufsichtigt und ge-
	        
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