Full text: (Prosa) (Teil 7 - 9 in 1 Bande, [Schülerband])

21. Kaiser Wilhelms II. Rede bei der Denkmalsenthüllung 
des Großen Kurfürsten in Kiel. 
S. M. Kaiser Wilhelm II. 
In Gegenwart des Kaiserpaares wurde am Vormittag des 20. Juni 
1901 im Park der Marine-Akademie das vom Kaiser gestiftete Denkmal 
des Großen Kurfürsten enthüllt. Der Kaiser selbst hielt die Festrede: 
„Zerstampfte Saaten, verwüstete Fluren, niedergebrannte Dörfer, 
Krankheit, Not und Elend, so sah es in der sandigen Mark aus, als der 
im ersten Jünglingsalter stehende junge Kurfürst durch den plötzlichen 
Tod seines Vaters an die Spitze der Regierung berufen wurde. Für- 
wahr, keine beneidenswerte Erbschaft; eine Aufgabe, die eines gereiften, 
ausgewachsenen und mit allen Verhältnissen vertrauten Mannes bedurft 
hätte und für ihn fast zu schwer gewesen wäre. 
Unverzagt trat der Jüngling an diese Aufgabe heran, und mit 
wunderbarer Geschicklichkeit gelang es ihm, dieselbe zu lösen. Mit eiserner 
Energie, das Ziel vor Augen, das er sich einmal gesetzt hatte, durch 
nichts sich ablenken lassend, hat der Kurfürst sein Land emporgehoben 
und gestärkt, seine Bevölkerung wehrhaft gemacht, seine Grenzen vom 
Feind gesäubert und sich bald eine solche Position erworben, daß ihm die 
Mitwelt und zumal seine Gegner noch bei seinen Lebzeiten den Beinamen 
.der Große' gegeben haben, ein Beiname, der sonst nach einem schweren 
und verantwortungsvollen Leben dem Herrscher nach dem Tod von 
seinem dankbaren Volk beigelegt wird. 
Und dieser Jüngling, der zu dem gewaltigen Mann ausreifte, der 
sein Land in dieser Arbeit aufgerichtet hatte, war der erste Fürst, der auf 
die See hinauswies, er war der Begründer der brandenburgischen Flotte. 
Da ist es wohl eine Ehrenpflicht, wenn die deutsche Flotte sein 
Standbild unter sich aufrichtet, und wenn die Offiziere und Mannschaften 
derselben an dem Anblick dieses Standbildes sich erbauen und in ihren 
Gesinnungen festigen lernen. 
Gott hat es also gefügt, daß der Kurfürst in den Niederlanden 
seine Jugend verbrachte und die Arbeit, den Fleiß, die Verbindungen 
nach außen und den Nutzen des Handels schätzen und pflegen lernte. 
Was er dort bei dem fleißigen und einfachen Volk der Seefahrer deutschen 
Stammes gelernt hat, das übertrug er auf sein Land. Fürwahr, in der
	        
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