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zwanzig Fuhren brauchten wir. Es war ganz unglaublich schwer, das
Fundament kunstgerecht auszuführen. Die Leute hatten keine Vorstellung
von einer geraden Linie, da sie nur die kreisrunden ihrer Pontoks
kennen, und ich mußte mehrere Wochen lang mit Wasserwage und
Winkelmaß dabei stehen, bis wir gerade Linien heraus hatten. An
einer Ecke des Fundaments mauerten wir eine versiegelte Flasche mit
der Hausurkunde ein.
Als das Fundament vollendet war, wurde das Ganze noch mit
einer starken Zementschicht bestrichen, um auf diese Weise das künftige
Wohnhaus vor den lästigen Termiten zu bewahren.
Während des Fundamentbaues war mein Mann noch einmal mit
zwei Wagen in Karibib gewesen, um einzukaufen, was noch alles für
den Hausbau gebraucht wurde: viele Fässer Zement, Balken und Well¬
blech fürs Dach, verschiedene Farben, Terpentin, Öl, Nägel, Fenster¬
rahmen, Fenster, Glas, Türen und Schlösser. Teilweise hatten wir die
Sachen aus Deutschland kommen lassen, teilweise in Swakopmund und
Karibib bestellt.
Als alles beieinander war, wurden die Mauern ausgeführt. Mein
Mann verpflichtete etwa zwanzig bis dreißig Weiber jeden Alters, die
die Backsteine nach dem Neubau tragen mußten. Jeden Morgen vor Be¬
ginn der Arbeit versammelten sie sich vor unserer Tür. Dann trat mein
Mann heraus und gab einer jeden ein Pappkärtchen mit seinem Siegel.
Am Abend mußten sie es wieder abgeben, und nur die wurden abgelohnt,
die im Besitze eines solchen Kärtchens waren. Es war nämlich vorge¬
kommen, daß sich etliche einfach des Abends zum Ablohnen einstellten,
ohne den Tag gearbeitet zu haben. Beim Wiederanfang der Arbeit
nach der Mittagspause wurden die Weiber abermals gezählt, ob sich
auch keine gedrückt hätte. Jede trug fünf Backsteine auf dem Kopf und
im Gänsemarsch bewegte sich der Zug nach dem neuen Hause und wieder
zurück an die Stelle, wo die aufgeschichteten Steine lagen. An der
Spitze marschierte die Oberaufseherin, die alte Lene, nur mit einem alten
Sack bekleidet, in den oben für die Halsöffnung ein Loch geschnitten
war. Die anderen sahen ähnlich aus. Sie bewegten sich vollständig im
Takt und sangen stundenlang dasselbe eintönige Lied in der Namasprache:
„Eh, wir tragen Steine für Herrn Eckenbrecher, eh, Steine tragen ist
schwer, eh, wir haben aber nun genug zu essen", und dann fing es
wieder von vorn an.
Der Unterkapitän Josua und sein Schwiegersohn Manuel Timbo
führten die Mauern auf, und die Ecken mauerte mein Mann. Als
Bindemittel diente verdünnter Lehm, den einige Weiber in Eimern her¬
beischleppen mußten. Und ich ging ab und zu mit Wasserwage und
Lotblei, reichte mit Steine an und beaufsichtigte den ganzen Betrieb.
Beim Mauern der Fenster stießen wir auf unerwartet große Schwierig-