136
III. Griechen und Römer.
vorhanden war, so dienten die darin befindlichen Gemächer nur etwa
für das Gesinde oder als Vorratskammern, an Stelle unserer
Schränke.
So war denn das altrömische Bauernhaus sehr einfach, eigentlich
ärmlich; es enthielt in seinen Räumen, welche möglichst ausgenutzt
wurden, wenig Bequemlichkeit, die Einrichtung war höchst einfach,
wie freilich der Hausrat des antiken Hauses überhaupt nicht so
mannigfaltig war wie der des modernen. Man konnte mit solchen
Wohnungen eben nur in Zeiten der größten bäuerlichen Einfachheit
und der bescheidensten Verhältnisse sich begnügen, wobei auch zu be¬
denken ist, daß der Römer sich weit mehr außerhalb als innerhalb des
Hauses aufhielt. In dieser einfachen, bäuerlichen Weise müssen die
Römer der früheren Zeit gewohnt haben, ein Titus Quinctius Cin-
cinnatus, ein Fabricius, ein Manius Curius Dentatus, welche ja wohl
vom Pflug weg an die Spitze der Gemeinde und des Heeres traten
und gelegentlich von fremden Gesandten angetroffen wurden, wie sie
eigenhändig ihr Kraut und ihre Rüben am Herde des Atrium kochten.
Aber die Zeit der Bedürfnislosigkeit und Genügsamkeit ging vorüber,
und als Ron: anfing, seine Herrschaft über Italien und darüber hin¬
aus auszubreiten, da genügte das alte Atrium nicht mehr. Diese
engen und dunkelen Räume, welche nur Lichtspalten hatten, durch die
höchstens ein halbes Licht hereinfiel, mußten der späteren Zeit mehr
und mehr dumpf und unwohnlich erscheinen, wie die engen, hinter
den dumpfen, kalten Stadtmauern zusammengepreßten Häuser der
mittelalterlichen Städte der Luft und Licht begehrenden Neuzeit nicht
mehr zusagen können. So erfolgte denn eine Erweiterung des Hauses
und zwar nach zwei Richtungen, nach hinten und nach oben; die
Zeit dieser Erweiterung ist wohl hauptsächlich das dritte Jahrhundert
vor Christus; in der Komödie, bei Plautus (um 200 vor Christus),
ist sie bereits als vorhanden angenommen.
Das alte, ärmliche Bauernhaus verwandelte sich in ein wohn¬
liches, stattliches Bürgerhaus und allmählich nach Umstünden in ein
glänzendes Herrschaftshaus, einen Palast. Das Tablinum wird
durchbrochen und bildet so einen Übergang zu den hinter ihm befind¬
lichen Räumen, in welchen ein Garten mit vier oder mehreren Säulen¬
hallen, mögen diese auch noch so bescheiden sein, mit Blumen, Bäumen
und Brunnen angelegt wird. Aus dem Atrium, welches jetzt nur
noch den vorderen Teil des Ganzen bildet, wird der Herd, die Küche
entfernt; an die Stelle des Herdes tritt als symbolischer Ersatz ein