Full text: [Band 4 = 4. Klasse, [Schülerband]] (Band 4 = 4. Klasse, [Schülerband])

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Meier Helmbrecht 
nicht mein Knecht!" „Ei, Wat segget ihr, Gebureken? Min Parit, 
minen klaren Lif soll kein Burenmann nimmer angripen!" Da 
erschrak der Wirt gar sehr und sprach wieder: „Bist du Helm¬ 
brecht, mein Sohn, noch heut Nacht will ich dir ein Huhn sieden 
und eins braten. Seid ihr aber ein Fremder, ein Böhme oder 
ein Wende, so fahrt hin zu den Winden! Seid ihr ein Sachse 
oder ein Brabanter, so müßt ihr euer Mahl mit euch führen; 
von mir erhaltet ihr nichts und währte die Nacht ein ganzes 
Jahr. Für euch, Junker, habe ich keinen Met noch Wein, den 
müßt ihr bei den Herren suchen!" 
Nun war es spät geworden und kein Wirt in der Nähe, der 
den Knaben behalten hätte; so überlegte er und sprach: „Freilich 
bin ich der, ich bin Helmbrecht, einst war ich euer Sohn und 
Knecht." Der Vater sprach: „Ihr seid es nicht!" — „Ich bin !es 
doch!" — „So nennt mir erst die vier Namen meiner Ochsen!" 
Da nannte der Sohn die vier Namen: „Auer, Räme, Erke, 
Sonne; ich habe oft meine Gerte über ihnen geschwungen, es sind 
die besten Ochsen der Welt. Wollt ihr mich jetzt erkennen? Heißt 
mir das Tor ausschließen!" Der Vater rief: „Tür und Tor, 
Gemach und Schrein, jetzt soll dir alles offen sein!" 
So ward der Sohn wohl empfangen, von Schwester und 
Mutter weich gebettet; die Mutter rief der Tochter zu: „Lauf, 
hole ein Polster und ein weiches Kissen!" Das ward ihm unter 
den Arm auf den warmen Ofen gelegt und behaglich wartete er, 
bis das Essen bereitet war. Es war ein Herrenessen, fein ge¬ 
schnittenes Kraut mit gutem Fleisch, eine fette Gans, am Spieß 
gebraten, groß wie eine Trappe, gebratenes und gesottenes Huhn. 
And der Vater sprach: „Hätte ich Wein, heute müßt' er getrun¬ 
ken werden; so aber trink, lieber Sohn, von dem besten Ouell, 
der je aus der Erde floß!" 
Und der junge Helmbrecht packte seine Geschenke aus, dem 
Vater einen Wetzstein, Sense und Beil, die besten Bauernkleinode 
der Welt, der Mutter einen Fuchspelz, seiner Schwester Gotelind 
eine seidene Binde und eine beschlagene Borte, die besser für eine 
Edelfrau gepaßt hätte; er hatte sie einem Krämer genommen. Und 
er sprach: „Ich muß schlafen, ich bin viel geritten, mir ist heute 
Nacht Ruhe not." Da schlief er bis hoch in den andern Tag in
	        
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