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Den ersten Morgen nach meiner Ankunft in Apia verwendete ich
auf einen Spaziergang in die nächste Umgebung der Hauptstadt. Die
Pflanzenwelt ist, wohin man auch seine Schritte lenken mag, eine echt
tropische. Neben der Kokosnußpalme tritt in erster Linie der Brotfrucht¬
baum hervor, dann die Orange, die Banane, der Mangobaum und die
Hackfrucht. In den feuchten Niederungen treffen wir die von den Ein¬
geborenen angebaute Tarowurzel, verschiedene Arten Jams, Zuckerrohr
und vielfach wildwachsend auch die Ananas. Alles gedeiht in einer
beispiellosen Üppigkeit; das herrliche Land ist geradezu das verhätschelte
Lieblingskind der Mutter Natur.
Unter dem Schatten rauschender Palmen, umgeben von Bananen
und prächtig gedeihendem Zuckerrohr, auf einem sauber gehaltenen, kies¬
bestreuten Platze fand ich die ersten samoanischen Hütten. Etwas An¬
heimelnderes, Einladenderes als diese hübschen, sorgsam gebauten Be¬
hausungen eines nach unsern Begriffen unzivilisierten Volkes habe ich
kaum irgendwo in der zivilisierten Welt, geschweige denn unter Wilden
gefunden. Das regelmäßig gewölbte, aus den Blättern des Zuckerrohrs
hergestellte Dach von ovaler Form wird von in die Erde gesenkten,
170 cm daraus hervorragenden und etwa 150 cm voneinander entfernt
stehenden, rundbehauenen Holzpfosten getragen.
Die Häuser bestehen aus einem einzigen großen, gleichzeitig als
Empfangszimmer, Speisesaal und Schlafgemach dienenden Raum, der
nachts durch Jalousien aus Palmenblattstreifen geschlossen wird, tagsüber
aber nach allen Seiten offen ist, so daß die Seebrise ungehindert hindurch¬
streichen kann. Zieht sich der Samoaner gelegentlich zum Schlafen unter
einen allseitig geschlossenen Tapavorhang zurück, so will er sich damit
nicht den Blicken seiner Nebenmenschen, sondern den Stichen der Mos¬
kitos entziehen, die auch hier mit der Zivilisation ihren Einzug gehalten
haben.
Der Flur des Hauses wird von einer 16 bis 20 cm hohen Aus¬
schüttung loser Kieselsteine gebildet, aus die eine Schicht Korallen oder
kleiner, von der See rundgewaschener Steine zu liegen kommt. Hierüber
werden Matten gebreitet, und damit ist eine Lagerstätte geschaffen, wie
man sie sich besser kaum wünschen kann. Man muß eben in Samoa
gewesen sein, muß in einem samoanischen Hause gerastet haben, uni zu
wissen, wie sanft sich's auf Steinen ruhen läßt. Seitlich vom Mittel¬
pfeiler des Hauses, der meist von einem gegabelten Baumstamm gebildet
wird, befindet sich ein kleiner, aus Lehm geformter Herd, der indessen
nicht Küchen-, sondern Beleuchtungszwecken dient. Das Kochen wird in
dem in einiger Entfernung vom Wohnhause gelegenen Kochhause besorgt.
Wie mit wenig Arbeit, so kommen die Samoaner auch mit
wenig Hausrat aus. Außer den schon erwähnten Matten und Tapa-
vorhängen finden wir als Wasserbehälter etwa ein halbes Dutzend aus-