3. Allerhand Geschichten,
Fabeln und Märchen.
148. Der Nagel.
Ein Kaufmann hatte auf der Messe gute Geschäfte gemacht, alle
Waren verkauft und seine Geldkatze mit Gold und Silber gespickt.
Er wollte jetzt heimreisen und vor Einbruch der Nacht zu Hause sein.
Er packte also den Mantelsack mit dem Geld auf sein Pferd und ritt
fort. Zu Mittag rastete er in einer Stadt. Als er weiter wollte,
führte ihm der Hausknecht das Rotz vor, sprach aber: „Herr, am
linken Hinterfutze fehlt im Hufeisen ein Nagel." — „Latz ihn fehlen,"
erwiderte der Kaufmann; „die sechs Stunden, die ich noch zu machen
habe, wird das Eisen wohl festhalten. Ich habe Eile." Nachmittags,
als er wieder abgestiegen war und dem Rosse Brot geben lietz, kam der
Knecht in die Stube und sagte: „Herr, Euerm Pferde fehlt am linken
Hinterfutz ein Hufeisen. Soll ich's zum Schmiede führen?" — „Latz
es fehlen," erwiderte der Herr, „die paar Stunden, die noch übrig
sind, wird das Pferd wohl aushalten. Ich habe Eile." Er ritt fort;
aber nicht lange, so fing das Pferd zu hinken an. Es hinkte nicht lange,
so fing es an zu stolpern, und es stolperte nicht lange, so fiel es nieder
und brach ein Bein. Der Kaufmann mutzte das Pferd liegen lassen,
den Mantelsack abschnallen, auf die Schulter nehmen und zu Futz
nach Hause gehen, wo er erst spät in der Nacht anlangte. „An allem
Unglücke", sprach er zu sich selbst, „ist der verwünschte Nagel schuld." —
Eile mit Weile! Jakob und Wilhelm Grimm, (Kinder. und Hausmärchen.)
149. Der alte Sultan.
Es hatte ein Bauer einen treuen Hund. der Sultan hieß; der war
alt geworden und hatte alle Zähne verloren, so datz er nichts mehr
fest packen konnte. Zu einer Zeit stand der Bauer mit seiner Frau
vor der Haustür und sprach: „Den alten Sultan schietz' ich morgen