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gebesserten Schafzucht sehr in Aufnahme gekommen waren, bedeutend in ihrem
Wohlstände gehoben worden. Bisweilen drängte sich ein Bäuerlein an des
Königs Wagen, um ihm eine Bittschrift zu überreichen. Friedrich ließ
dann halten und sie durch seinen Begleiter in Empfang nehmen. Der Bitt¬
steller konnte überzeugt sein, daß er in Kürze eine Antwort erhalten werde,
wie alle jene Bittenden sie erhielten, die sich bei der Anwesenheit des Königs
in Potsdam an der „Bittschriftenlinde" vor dem Stadtschloß alltäglich einzu¬
finden pflegten. In Protzen stand der alte General von Zieten vor dem
Edelhofe. Der König ließ halten, stieg aus, um den alten Kriegshelden zu
ehren, und umarmte ihn. Nachdem er sich eine Weile mit ihm angelegent¬
lichst unterhalten hatte, ging die Fahrt weiter. Wo neue Pferde vor den
Rcisewagen gespannt wurden, verließ ihn der König, sprach mit diesem oder
jenem, besichtigte auch wohl die in den meisten Dörfern angepflanzten Maul¬
beerbäume. Um eine einheimische Seidenindustrie hervorzurufen und zu
heben, mußte jeder Bauer vier Bäume, jeder Kossäte zwei pflanzen, mußten
sich Pastoren und Lehrer um diese kümmern. Hier und da warf Friedrich
einen Blick auf einen Obstgarten. Derjenige Bauer erhielt daun vom König
eine Belobigung, der sich unter Anleitung der zu diesem Zweck angestellten
Kreisgärtner in Obstzucht und Gartenbau hervortat.
4. Des Königs Wagen ward von dem Oberamtmann Fromme be¬
gleitet, der dem Könige als Wegsührer diente. Friedrich fragte ihn nach jeder
Einzelheit genau aus, vornehmlich auch danach, ob seine Bauern auch recht gut
im Stande wären. „Ja, Jhro Majestät," antwortete Fromme, „ich kann das
aus dem Hypothekenbuch beweisen. Ein Bauer hat allein 10 000 Taler in
der Bank hinterlassen." Darüber freute sich Friedrich. „Ja, es ist recht gut,
Jhro Majestät," meinte der Amtmann, „daß der Untertan Geld hat. Aber
er wird auch übermütig wie die hiesigen Untertanen, die mich schon siebenmal
bei Jhro Majestät verklagt haben, um vom Hofdienst frei zu sein." Der
König gab ihm kurz zur Antwort: „Sie werden auch wohl Ursache dazu
gehabt haben." Beim Weiterfahren kam der König an eine Gruppe Bauern,
die Roggen mähten. Sie bildeten an den Wegseiten zwei Reihen, strichen
grüßend ihre Sensen und ließen ihren König durch ihre Reihen fahren. Sie
statteten ihm aus diese Weise ihren Dank dafür ab, daß er ihre Hofdienste
auf drei Tage beschränkt hatte und sie gegen die Mißhandlungen und Stock¬
schläge von Beamten und Gutsherren in Schutz nahm.
5. Im Dorfe Barsekow trat die Frau von Kriegsheim an den Wagen.des
Königs, um sich für die ihrer Familie geschenkten 200 Morgen Landes zu
bedanken. Der König hatte dadurch der verarmten Familie helfen wollen, wie
er den Landadel durch Vorschüsse an Geld und Saatkorn, durch Gründung von
Leihbanken und durch andre Maßnahmen zu stützen suchte. Friedrich hielt