Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen

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In der Glasscheibe befinden sich zwei verschiedene Kräfte, 
Elektricitäten genannt. Beide finden sich stets zusammen wie 
e Freunde; wo die eine ist, ist auch die an⸗ 
ere. erden sie getrennt, so suchen sie eifrigst sich wieder mit 
einander zu vereinen. Durch das Reiben mit dem Reibzeuge 
werden die beiden verschiedenen Elektricitäten im Glase getrennt; 
die eine geht ins Reibzeug und durch die metallene Kette zur 
Erde, die andere wird im Glase bemerklich. Die zur Erde 
strömt auch durch unsern Körper, ohne daß wir es 
emerken, und in dem Augenblicke da wir den Finger der 
Glasscheibe nähern, vereinen sich die beiden getrennten Freunde 
wieder. Daß sie dabei einen Freudenschuß thun und illumi— 
nieren, darf uns nicht wundern. 
Man hat die beiden Elektricitäten zuerst im Bernstein 
kennen gelernt. Wird ein Stück Bernstein gerieben, so kommen 
zwar nicht sogleich Funken zum Vorschein, es werden aber kleine 
Papierschnitzelchen und Harzspänchen davon angezogen. Da die 
Alten den Bernstein Elektron nannten und daß er 
allein diese sonderbare Fähigkeit ih so nannte man dieselbe 
nach ihm Elektricität Daß nun alle Harze dieselben elektrischen 
Eigenschaften mit ihm teilen, davon kann uns eine Stange 
Siegellack, die auch u größten Teile aus einem Harze, dem 
Schẽellack, besteht, überzeugen. Reibe sie nur auf wollenem 
Zeuͤge, und du wirst sehen, wie eifrig die kleinen Papierstückchen 
zu pr emporhüpfen, wenn du sie über dieselben hältst. Ein 
Stück Schwefel wird sich auf gleiche Weise benehmen. Sind 
die Harz⸗ und Schwefelstücke groß genug, und wird das Reiben 
mit Wollenzeug oder Pelz lange genug fortgesetzt, so kommen 
endlich auch knisternde Funken zum Vorschein. 
Aber nicht im Glase, Harz, Schwefel und in der Seide 
allein sind die beiden Elektricitäten vorhanden; sie befinden sich 
in jedem Körper: in Erde und Wasser, Luft und Steinen, 
e Tieren und Menschen, nur daß sie sich nicht in allen 
oͤrpern auf gleich leichte Weise trennen und bemerkbar machen 
lassen. Sie sind auch vorhanden in den Wolken und trennen 
ich dort, besonders iin Sommer, oft von einander. Mitunter 
ammelt sich die eine Art Elektricität in der einen Wolke und 
die andere Art in einer andern. Nähern sich nun beide Wolken, 
so vereinigen sich die getrennten Kräfte. Der große Funken 
welcher sich hierbei zeigt ist der Blitz; der dabei hörbare Knall 
ist der Donner, der bekanntlich auf dieselbe Weise en wie 
das Klatschen einer Peitsche ünd wie der Knall einer Kanone. 
Hat sich die eine der getrennten Elektricitäten in der Erde ge— 
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