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und Geschichte. . 259
16. Friedrich Wilhelm I. und der westfälische Klotz1).
Der König kommt zu halten
Heerschau im Soesteri) Feld
und hat den Klotz, den alten,
aufs Rathaus gleich bestellt:
„Sprecht, wollt ihr den Soldaten
öffnen eu’r Waisenhaus?
Lasst euch im Guten raten:
ich will’s, damit ist’s aus!“
Als Unterthan bescheiden
spricht da Herr Klotz gar bald:
„Wir werden, Herr, es leiden,
denn Eu’r ist die Gewalt;
doch eh’ Ihr mögt erlangen,
dass Recht es heisse hier,
muss ich zuvor erst hangen
vor dieser Rathausthür!“
Des Königs Adern schwellen,
es bebt der ganze Kreis;
doch fasst sich auf der Stelle
der Herr und spricht fast leis’:
„Der für das Recht gesprochen,
der soll mir hangen nicht;
eu’r Recht wird nicht gebrochen,
bleibt ihr bei eurer Pflicht!“
Die Mär’ hört’ ich erzählen
ein Soestisch Mütterlein;
sie that des Ziels nicht fehlen,
1 dem Söhnchen grub sich’s ein.
Sein Herz sah man erbeben
von rechtem Christentrotz;
er sprach: „Will Gott es geben,
so werd’ ich auch ein Klotz.“
__ Landfermann.
’) Bürgermeister zu Soest. 2) Sprich: Sooster.
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