politischer Zustand Deutschlands am Lnde des Zmischeureichs. 103
Erstes Kapitel.
Politischer Zustand Deutschlands am Ende des Zwischenreichs.
Mährend der nahezu 20 Jahre, die vom Tode Konrads IV.
(1254)"bis zur Wahl eines neuen wirklich deutschen Königs — in der
Person Rudolphs von Habsburg (1273) - verflossen, schien das deutsche
Reich seinem völligen Versalle nahe zu sein, jci beinahe nnanshaltsam
demselben entgegenzueilen. Einer einheitlichen Znsammensassnng
seiner Kräfte nach außen hatte schon lange teils die gänzlich nur
aus ©chaffung einer Hausmacht außerhalb der deutschen Grenzen (in
Italien) abzielende Politik der Hohenstaufen, teils die immer weiter
vorschreitende innere Auflösung des Reichs in Einzelherrschaften im
Wege gestanden. Ein Glück für Deutschland war es, daß gerade in
dieser Zeit dasjenige Nachbarland, welches ihm leicht hätte gefährlich
werden können und es später nur zu oft geworden ist, daß Frank¬
reich, obschon es bereits in bedenklicher Weise sich innerlich gekräftigt
und 'äußerlich erweitert hatte, doch noch zu sehr mit sich selbst, mit den
Kämpfen des Königtums wider die Großen, mit den ersten kriegerischen
Reibungen zwischen ihm und England beschäftigt war, um an Eroberungen
nach der deutschen Seite hin zu denken. Andre Gefahren, vom Osten
und Norden her, wurden durch Die Tapferkeit und Klugheit einzelner
Fürsten abgewendet. Im Südosten kämpften die Babenberger tapfer
und siegreich gegen die Ungarn; weiter nördlich bildete das Acark-
grasentnm Meißen unter dem tüchtigen Stamme der Wettiner, und
durch den Anfall Thüringens (1263) vergrößert, eine starke Vormauer
gegen die Slawen. Den immer mehr gegen den Westen vordringen¬
den Polen entriß der Brandenburger Markgraf Johann das Land
an der Warthe. Einer der gefährlichsten Feinde des Reichs, Walde¬
mar II. von Dänemark, der, das Werk feiner Vorgänger fortfetzend,
außer Holstein und Pommern auch Lauenburg und Mecklenburg in
feine Gewalt gebracht und dem der Kaiser Friedrich II. diese deutschen
Länder förmlich abgetreten hatte, ward von dem Herzog Albert von
Sachsen, den Grafen Heinrich von Schwerin und Adolph von Hol¬
stein im Bunde mit einigen deutschen Bürgerschaften und mit Hilfe
der tapfern Dithmarsen 1227 bei Bornhöved so nachdrücklich aufs
Haupt geschlagen, daß er auf alles Gewonnene verzichten mußte.
Das siegreiche' Schwert der Ritter vom „Deutschen Orden" und vom