Full text: Meine Wanderungen und Wandelungen mit dem Reichsfreiherrn vom Stein

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Besitz genommen, wer weiß, ob der Pariser und \\ iener 
Frieden und Kongreß oder irgend ein anderer Kongreß, der 
nicht mit Kanonen geführt wird, sie jemals wieder daraus 
gebracht hätte? Danzig ist gar ein süßer, appetitlicher 
Weichselschlüssel und der Eingang und Schluß zur Herr¬ 
schaft über Polen und Preußen. 
Hier in Königsberg lebte ich nun nach einem Jahre 
wieder ganz deutsch und wie deutsch frei und glücklich ! und 
ward durch die Freudigkeit und Lebendigkeit der Menschen 
mitgetragen und gehoben; hier hatte ich auch Stein ganz in 
seiner Naturweise zuerst einherschreiten gesehen. In Peters¬ 
burg mußte der Löwe sich doch oft wie in einem Käfig ge¬ 
fühlt haben. 
So ist einmal der große Mensch, der sogleich alles los¬ 
lassen und fliegen lassen möchte; aber die menschlichen 
Dinge laufen nicht so, auch die Gewaltigsten müssen ihrer 
Zwischenläufe und Erfolge warten, müssen den \ erhältnissen 
oft nur zu sehr folgen und gehorchen. Welche Minierarbeit 
hat er die ersten Monate in Petersburg getrieben! langsam 
nur hat er den elenden Romanzoff bei dem Kaiser aus dem 
Sattel gehoben; was hat ihm dies bei der Feurigkeit seiner 
Natur wohl gekostet? Ich habe die innerliche Zornwühlung 
seines Wesens und wie die langsame Unentschlossenheit und 
Zauderhaftigkeit des russischen Kabinettes durch Unter¬ 
handlungen mit dem übrigen Europa wieder in Verbindung 
zu treten ihn häufig mit Ungeduld zerriß, genug in unver¬ 
kennbarsten Zügen und auch in seinen eignen Äußerungen 
gespürt. 
Stein war also weiter nach Süden weg, ich mußte in 
Königsberg ungewöhnlich rasch und frisch sein, so viel ward 
von allen Seiten her von mir verlangt, so viel rissen mich 
nicht nur anbefohlene Aufträge und Arbeiten, sondern viel¬ 
mehr noch die Menschen hin und her. Noch bin ich dieser 
Königsberger Tage in der Erinnerung froh, ja ich könnte
	        
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