Full text: Mittelstufe, Oberabteilung, (3. Klasse der Berliner Gemeindeschule) (Teil 3, [Schülerband])

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Schon neigte sich die Sonne ihrem Untergange zu, als wir den 
Heimweg antraten, und ohne ermüdet zu sein, langten wir zu Hause an. 
Nach Haag. 
1. Goldne Abendsonne, 
wie bist du so schön! 
Nie kann ohne Wonne 
deinen Glanz ich sehn. 
2. Schon in früher Jugend 
sah ich gern nach dir, 
und der Trieb zur Tugend 
glühte mehr in mir, 
64. Goldne Abendsonne. 
3. Wenn ich so am Abend 
staunend vor dir stand, 
und, an dir mich labend, 
Gottes Huld empfand. 
4. Doch von dir, o Sonne, 
wend' ich meinen Blick 
mit noch höh'rer Wonne 
auf mich selbst zurück. 
5. Schuf uns ja doch beide 
eines Schöpfers Hand, — 
dich im Strahlenkleide, 
mich im Staubgewand. 
H—e 
Barbara Urner. 
65. Die Veredelung. 
Es war einmal ein Dornenstrauch, der stand auf kahlem Felde, 
in trockenem, steinigem Boden. Er trug schlechte Blüten, und jeder— 
mann ging ihm aus dem Wege; denn sobald man in seine Nähe kam, 
stach er mit seinen spitzen Dornen. — Das war böse. 
„Man muß den unnützen Strauch abhauen und verbrennen“, 
sprach eines Tages der Besitzer des Feldes, auf dessen Grunde der 
Dornenstrauch seit Jahren seine Zweige ausbreitete. 
Da kam ein Gärtner gegangen. Er blieb vor dem verurteilten 
Strauche stehen und sagte freundlich zu dem Herrn, der eben geredet 
hatte: „Lieber Herr, der böse Dornenstrauch läßt sich vielleicht ver— 
edeln; wollen Sie ihn mir überlassen? Ich will den Versuch mit 
ihm machen.“ 
Mit Erlaubnis des Herrn hob der Gärtner den verachteten 
Strauch samt seinen Wurzeln aus dem trockenen, steinigen Boden 
und verpflanzte ihn in einen wohlgepflegten Garten. Hier schnitt er 
mit scharfem Messer viele der dornigen Zweige ab und legte in 
den Stamm einen edlen Keim. Nun wartete der Gärtner auf die 
weitere Entwicklung des Strauches; aber er ließ ihn auch jetzt nicht 
ohne Pflege. Mit Liebe und in Hoffnung benetzte er täglich seine 
Wurzeln und Blätter.
	        
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