Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberstufe mehrklassiger Schulen

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Doch sünd sei rein von Slak und Slir, 
Denn fat din Work mit Tangen an, — 
Holl miß, holl wiß, minSähnJehann! — 
Und smäd bin Werk in frischen Für. 
Un hest du dörch die Welt di slagen, 
lind hett dit buten nich gefolln, 
Denn kannst bi mi mal Umschau holln 
Und kannst na Arbeit wedder fragen. 
Süh so, min Sahn! Un nu adjü! 
Un denk an Muttern und an mi! 
Un nu min Sahn, herun den Haut!" 
Un legt de Hand em up den Kopp: 
„Noch büst du gaud, nu bliw ok gaud!" 
Un langt den Hamcr ut de Eck: 
„So, nu man tau! nu,Jung, nutreck!" — 
Jehann un Mutter gähn herut. — 
„Treck düller, Jung!" fegt Meister Snut, 
Un schweißt und schmädt, de Funken 
flogen 
Em int Gesicht und in de Ogen, 
Dat hei sei, wcnnt de Jung nich süht, 
Sik ut de Ogen wischen müßt. 
„Na", fegt hei, „orndtlich nahrschenist, 
Wo dull un dämlich spritzt dat hüt." 
Fritz Reuter. 
188. Ter Rattenfänger. 
Wohl kam zur guten Stunde 
Der Rattenfänger hier, 
Ganz Hameln war im Grunde 
Ein Nest von Ratten schier! 
Die naschten und die nagten, 
Die bissen und die plagten 
Allwege Mensch und Thier. 
Was zog er aus dem Ranzen? 
Ein Pseiflein wunderfein. 
Er sprach: „Sie müssen tanzen 
Mir alle, groß und klein, 
Nicht eine soll verbleiben, 
Mein Pfiff soll euch vertreiben 
Die ganze Rattenpein." 
Es war ein Pfiff, ein heller, 
Der lockte gleich von Haus, 
Aus Kammer, Küch' und Keller 
Die Ratten all' hinaus; 
Die tief im Dunkel hausend, 
Sie sammeln sich zu tausend, 
Als gieng's zu fettem Schmaus. 
Rasch nimmt die Lust ein Ende, 
Er pfeift, und jede muß; 
Er pfeift sie ganz behende 
Durchs Thor bis an den Fluß; 
Am Wasier pfeifend steht er, 
Ins Wasier pfeifend geht er, 
Sie folgen mit Verdruß. 
So manche dicke Ratte , 
Aß heut' ihr letztes Brot, 
So manche Nimmersatte 
Trank heute sich zu Tod! 
Die argen Raubgcscllen 
Begrub all' in den Wellen 
Des Zaubrers Machtgebot. 
Die Ratten sind verpfiffen, 
Nun frisch den güldnen Lohn, 
Zum Säckel rasch gegriffen! 
Oh weh! Da sprach mit Hohn 
Der Rath: „Mit Zaubcrtücken 
Soll uns kein Schelm berücken; 
Geh' nur, du hast ihn schon!" 
Er gieng, doch kam er wieder, 
Schön war die Sommerzeit. 
Froh sah der Himmel nieder, 
Still war es weit und breit; 
Vom Gotteshause mächtig 
Klang Orgelton, andächtig 
Saß dort die Christenheit. 
Im Jägerkleide kam er, 
Sein Hut war feuerroth; 
Sein Pfeiflein wieder nahm er, 
Sein Antlitz böse droht. 
Es war so voller Grauen, 
So furchtbar anzuschauen, 
Als käm der grimme Tod. 
Er pfeift, die Kinder springen 
Aus Hof und Haus hervckr; 
Es war ein seltsam Klingen, 
Sie hörten's nie zuvor. 
Die Knaben und die Mädchen, 
Er führt sie durch das Städtchen, 
Er führt sie durch das Thor.
	        
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