Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberstufe mehrklassiger Schulen

Cigarrenmädchen, die ihre Waren anpreisen, Kaufleute, welche die ellenlangen 
Anschlagzettel studieren, und überall die unvermeidlichen Schusterjungen. 
Der echte Berliner trägt einen bestimmten, scharf ausgeprägten Charakter. 
Wollte man ihm Herz und Gemüth absprechen, so würde man ihm sehr 
Unrecht thun; rühmte doch Graf Bismarck bei einem Festmahle im Jahre 
1866 an den Berlinern „offenen Mund, offene Hand und offenes Herz". 
Jedoch ist eine scharf zugespitzte Verständigkeit überwiegender Charakterzug; 
mit ihr steht die unleugbare Gabe für Witz in Verbindung. Der Berliner- 
ist immer schlagfertig, immer im Stande, für jedes Begegnis und Ereig¬ 
nis eine scharfe, witzige Form und Fassung zu finden. Berliner Kinder 
im Felde sind tapfer und immer guten Muthes und voll Witzes. Die 
Geschichte Preußens zeigt den Berliner mit Wort und Werk immer vor¬ 
weg. Aber dieses dreiste, vorlaute Wesen des Berliner Stadtkindes, das 
sich auch in der scharfgeschliffenen, hellen, an Mirs und Dirs überreichen 
Mundart, die jedes G in ein scharfes I verwandelt, treffend genug aus¬ 
spricht, ist eben in diesem stets straffen und entschlossenen Zu- und Vor¬ 
greifen abstoßend, mitunter sogar grob anmaßend. Dazu ist ein ganz 
ungemessener Stolz auf Berlin und seine Herrlichkeit dem Berliner eigen¬ 
thümlich, und er selbst hält sich, weil in der Residenz geboren, für besser 
als andere Leute. Jede Annäherung an den echten Berliner ist für 
diesen eine Herausforderung; er fragt mit prüfendem Blicke von oben her¬ 
unter: „Na nu?" oder er verachtet den Anspruch an seine Person und 
geht mit einem: „I Jott bewahre!" seiner Wege; und auch wenn er 
gutmüthig ist, so liebt er es doch oft, durch eine witzige Wendung den 
Fragenden anzustechen. „Rechts um schenkt man Weißbier!" antwortet 
er, gibt nachher aber doch noch die rechte Auskunft. Nach Kühner u. Daniel. 
444. Vom Bau des menschlichen Körpers. 
Unser Körper verdankt seine feste Grundlage den Knochen und 
Knorpeln. Beide sind mit einer festen, sehnigen Haut (der Knochen- 
und Knorpelhaut) überzogen, welche die Blutgefäße für die Ernährung 
dieser Theile trägt. Zur Vereinigung der Knochen unter einander zu 
einem festen Gerüste, zum Gerippe oder Skelett, dienen die festen, aber 
biegsamen Knochenbänder. Sie verbinden die meisten Knochen beweglich 
mit einander, bilden auf diese Weise die Gelenke und machen so aus 
dem Gerippe ein in allen seinen Theilen sehr bewegliches Gerüste. Um 
dessen Gewicht nicht zu schwer zu machen, bestehen die Knochen nicht durch 
und durch aus Knochenmasse, sondern sind in ihrem Innern mit dem 
leichten Knochenmarke ausgefüllt, welches gleichzeitig auch ein schützendes, 
weiches Lager für die Gefäße und Nerven des Knochens bildet. 
An das Knochen- und Knvrpelgerüste sind die weichen Theile, vor¬ 
zugsweise aber die Muskeln oder das Fleisch angeheftet. Die Muskeln, 
aus weicher, feuchter, rother und faseriger Masse, verleihen unserm Körper- 
seine Form und vermitteln auch, indem sie sich zusammenziehen und da¬ 
durch verkürzen tonnen, alle Bewegungen, die mit und in unserem Körper 
vor sich gehen. 
Die Knochen, Knorpel und Muskeln bilden verschiedene Höhlen; die 
drei größten sind die Schädel-, Brust- und Bauchhöhle. Die
	        
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