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55. Von der rechten Urbeit.
L. Sprüche.
1. Verschieb nicht, was du heut
besorgen sollst, auf morgen;
denn morgen findet sich
was Neues zu besorgen. Friedrich Rückert.
2. Wohl unglückselig ist der Mann,
der unterläßt das, was er kann,
und unterfängt sich, was er nicht versteht;
kein Wunder, daß er zugrunde geht.
Wolfgang v. Goethe
3. Nichts ist so elend als ein Mann,
der alles will, und der nichts kann.
Mathias Claudius.
4. Mein Sohn, du wirst das Gut von deinem Vater erben;
erbst du nicht auch den Fleiß, so wirst du drauf verderben.
Friedrich Rückert.
IL. Sprichwörter.
Erst besinn's, dann beginn's! — Erst wägen, dann wagen! — Wer viel
anfängt zu gleicher Zeit, macht alles halb und nichts gescheit. — Vorgetan
und nachbedacht hat manchen in groß Leid gebracht. — Frage nicht, was
andere machen; acht auf deine eigenen Sachen! — Von einem Streiche
fällt keine Eiche. — Frisch gewagt ist halb gewonnen. — Jeder ist seines
Glückes Schmied. — Hilf dir selbst, so hilft dir Gott. — Lehrjahre sind
keine Herrenjahre. — Arbeit hat bittere Wurzel, aber süße Frucht. — Wie
die Arbeit, so der Lohn; wie die Saat, so die Ernte. — Jeder Arbeiter ist
seines Lohnes wert. — Schwielen in den Händen sind besser als goldne
Ringe an den Fingern. — Das Werk lobt den Meister. — Rast' ich, so
rost ich.
56. Der Rangstreit der Tiere.
1. Es entstand ein hitziger Rangstreit unter den Tieren. Ihn zu
schlichten, sprach das Pferd: „Lasset uns den Menschen zu Rate ziehen;
er ist keiner von den streitenden Teilen und kann desto unparteiischer sein.“
„Aber hat er auch den Verstand dazu?“ ließ sich ein Maulwurf hören.
„Er braucht wirklich den allerfeinsten, unsere oft tief versteckten Vollkommen⸗
heiten zu erkennen.“
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