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hinauf und zogen um die Wipfel einen grünen Schleier. In der Tiefe
rauschte über Felsblöcke der Bergbach. Leicht flog ich den bequemen Weg
entlang, der durch ein Seitentälchen nach dem andern sich windet. Verirren
konnte ich nicht, denn auf Stunden ringsum gab es nur diesen einen Pfad
durch die Wildnis. Doch plötzlich hielt mein Pferd an. Der Weg gabelte
sich. Welches ist nun meine Richtung? Da entdeckte ich ein an einen Stamm
genageltes Brett und las darauf die Inschrift: Pflanzung B. Dorthin
gerade wollte ich. Ich folgte der Weisung. Bald lichtete sich der Wald
Ich schaute hinab in eine Talmulde, deren Abhänge mit Tausenden von
Kaffeebäumchen bepflanzt waren. Unten aus dem Grunde leuchtete mir ein
freundliches Landhaus entgegen, und langsam ritt ich durch die Pflanzung
den Berg hinab.
Ehe Deutschland seine Kolonien erwarb, konnten wir unsern Kaffee nur
von den Engländern, Holländern und aus Brasilien kaufen. Als aber der
deutsche Kaiser seine Hand auf die großen Länderstrecken jenseits des Welt—
meeres gelegt hatte, da hieß es auch in unserm Vaterlande: „Warum sollen
wir so viele Millionen Mark an fremde Völker zahlen? Wir wollen in
unsern eigenen Kolonien Kaffee bauen““ Es wurden Handelsgesellschaften
gegründet, es wurden Männer nach Afrika gesandt, und eines Tages klangen
im Urwald von Usambara die AÄrte, um die hohen Bäume zu fällen, denn
in dem fruchtbaren Waldboden gedeiht der Kaffee besonders gut. Die um—
gelegten Stämme wurden mit Feuer verbrannt. Hunderte von schwarzen
Arbeitern mühten sich manchen Tag, bis endlich ein Abhang geklärt war.
Ganz oben blieben die Bäume stehen, damit sie Schatten gewährten und
Schutz gegen den Wind für die kleinen Kaffeebäumchen. Diese waren schon
in besonderen Beeten aus den gesäten Bohnen herausgewachsen; jetzt wurden
sie ins freie Feld gepflanzt. So wurde allmählich die ganze Talmulde urbar
gemacht.
Mit Vergnügen schaute ich über die regelmäßigen Reihen der Kaffee—
bäume hin. Diese sehen zu jeder Zeit lieblich aus Auch die allerkleinsten
haben doch ihr glänzend grünes Laub. Schlank und gerade wachsen sie
empor wie Tannen. Fangen sie an zu blühen, so sind die ganzen Zweige
dicht eingehüllt mit reinweißen, fleischigen Blüten, die einen zarten Duft
ausströmen. Von ferne glaubt man fast, es läge Schnee auf den Ästen, so
verschwinden die Blätter in der Menge der Blüten. Noch mehr freut sich
der Pflanzer, wenn er statt der Blüten unzählige, blutrote Beeren sieht; die
versprechen eine gute Ernte.
Ich näherte mich dem Hause, in dem der Leiter der Pflanzung wohnt.
Hier muß eine deutsche Hausfrau walten, so dachte ich. Vor dem Hause
blühten allerlei heimatliche Blumen, Nelken und Geranien in leuchtender
Pracht. Auf dem Hofe gackerten die Hühner. Hinter dem Zaun erblickte
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