Full text: Mit 27 Abbildungen (Teil 3 = (6. - 8. Schuljahr), [Schülerband])

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den sonderbaren Hauben. AÄngstlich weicht es vor dem Arzt zurück, der 
im weißen Operationsrock mit den aufgestreiften Ärmeln seinem kleinen 
Herzen Furcht einflößt. 
Das freundliche Zureden der Schwestern gibt ihm aber bald Ver— 
trauen und Ruhe. Geduldig läßt sich das Kind in das kleine Stübchen 
betten, das neben Schwester Doras Krankensaal liegt. 
7. „Ich habe das Meine getan,“ sagt der Arzt mit leuchtendem 
Blick, „jeßt hängt alles von der Pflege und Wartung ab. Ansteckungs— 
gefahr ist nicht vorhanden, also braucht keine Schwefter mit dem Kinde 
isoliert zu werden wie bei Diphtheritis. Teilen Sie sich die Wache ein, 
wie Sie wollen. Nur sorgen Sie, daß der Inhalationsapparat Tag und 
Nacht in Tätigkeit bleibt.“ 
Damit geht er. 
„Darf ich die erste Hälfte der Nacht wachen, Schwester Elisabeth?“ 
fragt die junge Schwester bittend. 
Freundlich sieht die ältere Diakonisse in das frische Gesicht. „Wird 
es Ihnen nicht zuviel werden nach Ihrer Tagesarbeit, liebes Kind?“ 
„O nein, ich halte es schon aus. Die andern Schwestern sind ja 
auch müde“, erwidert Dora eifrig. 
Aber trotz ihres guten Willens muß sie tüchtig gegen den Schlaf 
kämpfen, und mancher tiefe Seufzer hebt ihre Brust, während sie in der 
Stille der Nacht am Bettchen des schlafenden Kindes sitzt und den feuchten 
Dampfstrom beobachtet, der aus der kleinen Maschine fortgesetzt die künst⸗ 
liche Offnung der Luftröhre trifft. Ach, die Zeit, die am Tage so schnell 
verrinnt, dehnt sich jetzt endlos aus. 
Aber alles hat ein Ende. Schließlich schlägt es halb zwei, und eine 
andre Schwester erscheint zur Ablösung. „Sie schläft so sanft,“ sagt 
Schwester Dora flüsternd, „hoffentlich bringen wir die Kleine durch · 
„Gott gebe es! Aber nun schnell zu Bette, Dorchen. Sie haben 
nur ein paar Stunden Zeit zum Schlafen.“ 
Ja, es sind nur ein paar Stunden, bis der Tag wieder zu neuer 
Arbeit ruft. Aber wie süß schläft es sich in diesen nach einer so reichen 
Tätigkeit! 
„Es ist doch der schönste Lebensberuf; ich möchte keinen andern, so— 
lange mir der Herr Kraft verleiht“, denkt die junge Diakonisse, während 
sich ein tiefer, traumloser Schlummer auf sie herabsenkt. 
Benina Tolksdorf. (Originalartikel.) 
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