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grünes Blätterdach mit den blaßgelben, reichblütigen Dolden uns
so oft in der Nähe der Dörfer hinter Mauern und Zäunen ent—
gegenschimmert.
Die in der Jugend grüne, im Alter graue und rissige Rinde
sowie die Blätter gebraucht man zum Färben. Das alte, gelbe
Holz benützt der Drechsler zu allerlei niedlichen Arbeiten, und ihr
alle wißt, wie nette Knallbüchsen sich aus den ausgehöhlten Äten
anfertigen lassen. Wird man vom Kopfweh geplagt, so tut ein
Umschlag von frischen Blättern des Flieders nicht selten die besten
Dienste. Bei Erkältungen ist kaum etwas besser geeignet, wohl-
tätigen Schweiß zu erzeugen, als der Genuß des Holunderthees
oder des Holundermuses, welches letztere man aus den reifen,
schwarzen Beeren bereitet. Der Apotheker gebraucht außerdem die
Wurzel und die innere Rinde der jungen Zweige, und in Schwaben
tauchen die Leute die ganze Blütendolde in einen Mehlteig und ver⸗
speisen sie als „Holderküchle“.
Summa: Es ist nichts am Fliederstrauch, was nicht der Mensch
benützen könnte. Darum darf es uns nicht wundern, daß manchen
Heiden der Fliederstrauch heilig war.
118. Im Sommer.
Wie Feld und Au
so blinkend im Tau!
Wie perlenschwer
die Pflanzen umher!
Wie durchs Gebüsch
die Winde so frisch!
Wie laut im hellen Sonnenstrahl
die süßen Vöglein allzumal!
J. G. JZalobi.
— 119. Das blühende Roggeufeld.
Ich ging einmal durch die Saat, es war an einem schönen
Nachmittage. Stille wie am Sabbath war es um mich her. Da
trat ich hin zu einem Roggenfelde, das gerade in der Blüte stand.