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Wie des Grafen Hand das Körbchen enthüllt,
mit duftenden Rosen ist's erfüllt.
5. Da wird das zürnende Wort gelähmt,
vor der edlen Herrin steht er beschämt;
Vergebung erflehet von ihr sein Blick,
Vergebung lächelt sie sanft zurück.
6. Er geht, und es fliegt ihres Auges Strahl
fromm⸗-dankbar empor zu dem Himmelssaal.
Dann hat sie zum Tal sich herabgewandt
und die Armen gespeiset mit milder Hand.
198. Elisabeths Handschuh.
Ludwig Bechstein.
Die Sagen des Thüringer Landes. Neue Ausgabe. Hildburghausen. J. Teil. S. 72.
Oft besuchte die fromme Landgräfin die Kirche in Eisenach. Dort
versammelten sich vor dem Kirchenportal stets sehr viele Arme und Ge—
brechliche. Sie wußten, daß die Herrin jedem eine Gabe spendete. So
geschah es an einem Heiligentag, daß die Zahl der Bettler besonders
groß war, als die Fürstin mit ihrem dienenden Gefolge heranschritt
zum Gottesdienst. Sie spendete Almosen, so viel sie konnte, und bald
waren die mitgebrachten Gaben verteilt, doch waren auch alle befriedigt;
nur ein halbblinder Greis hatte noch keine Gabe empfangen und drängte
sich ihr flehend nach bis in die Kirche hinein. Elisabeth hatte nichts
mehr zu geben; doch jammerte sie der arme alte Mann, und sie besann
sich nicht lange, sondern zog einen ihrer reich mit Silber gestickten Hand—
schuhe aus und reichte diesen dem armen Greis. Das sah ein Ritter,
der zugegen war, trat zu dem Alten und tauschte den Handschuh gegen
eine Summe baren Geldes ein. Als ein Kleinod seltner Art befestigte
dieser Ritter den Handschuh an seinen Helm und zog bald darauf in
das Heilige Land. Dort kämpfte er wacker gegen die wilden Söhne
der Wüste; doch in jedem Gefecht mit den Sarazenen war es, als sei
ihm die Helmzier ein schützender Talisman. Er kehrte glücklich in die
Heimat zurück und setzte freudig und seinen Nachkommen zu dankbarer
Erinnerung das Bild von Elisabeths Handschuh in sein Wappenschild.
Sterbend küßte er noch die schöne Reliquie von der heiligen Dulderin.