Full text: Fünf Bücher deutscher Lieder und Gedichte

9 Zweites Buch. 
„Und die — und die — sind meine Weiber. Hal“ 
Noch immer rollten die Schãdel. „Die und die! 
Bruüllt Ahasver, „sind meine Kinder, ha! 
Sie konn ten sterben. — Aber ich Verworfner, 
Ich kann nicht sterben — Ach! das furchtbarste Gericht 
Hungt schredenbrüllend ewig über mir. 
Jerusalem sank. Ich knirschte den Säugling, 
Ich rannt' in die Flamme, ich fluchte dem Rbmer 
Doch, ach! Doch, ach! Der rastlose Fluch 
Hielt mich am Haar und — ich starb nicht. 
Roma, die Riesin, stürzte in Trümmer; 
Ich stellte mich unter die stürzende Riesin, 
Doch sie fiel — und zermalmte mich nicht. 
Nationen entstanden und sanken vor mir 
Ich aber blieb und starb nicht! 
Von wolkengegürteten Klippen stürzt ich 
Hinunter in's Meer; doch strudelnde Wellen 
Wälzten mich an's Ufer, und des Seins 
Flammenpfeil durchstach mich wieder. 
Hinab sah' ich in Aetna's grausen Schlund 
uͤnd wüthete hinab in seinen Schlund; 
Da brüllt' ich mit den Riesen zehn Monden lang 
Mein Angstgeheul, und geißelte mit Seufzern 
Die Schwefelmündung. Hal zehn Monden lang! — 
Der Aetna gohr und spie in einem Lavastrom 
Mich wieder aus. Ich zuckt' in Ach und lebte noch. 
Es brannt' ein Wald; ich Rasender lief 
In brennenden Wald. Vom Haare der Bäume 
Troff Feuer auf mich — 
Doch sengte nur die Flamme mein Gebein 
Und — derzehrte mich nicht. 
Des Henkers Faust lahmte an mir 
Des Tigers Zahn stumpfte an mir; 
Kein hungriger Leu zerriß mich im Cirkus. 
Ich lagerte mich zu giftigen Schlangen; 
Ich zwickte des Drachen blutrothen Kamm: 
Doch die Schlange stach — und mordete nicht; 
Mich quälte der Drache — und mordete nicht. 
150
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.