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sie einen starken Baumpfabl dureb, der an der Strasse stand,
und trugen den Esel auf der Achsel heim.
S8o weit kann's kommen, wenn man es allen Leuten recht
machen will. Johann Peter Hebel.
99. Das seltsame Rezept.
Es ist traurig, wenn man ein Vezept in die Apotheke tragen
muß; aber einmal ist doch ein Spaß dabei gewesen. Da kam ein
Bäuerlein in die Stadt gefahren, hielt vor der Apotheke an und lud
von seinem Wagen eine große Stubenthür ab. Als er nun die Thür
in den Laden hineintrug, machte der Apotheker große Augen und
fragte: „Guter Freund, was wollt ihr hier mit eurer Stubenthür?
Der Tischler wohnt nebenan.“ Aber der Bauer ließ sich nicht irre—
machen und sagte, er wolle nicht zum Cischler sondern in die
Apotheke; denn der Arzt sei bei seiner kranken Frau gewesen und
habe ihr ein Tränklein verordnet. Als der Herr Doktor aber das
Rezept aufschreiben wollte, sei im ganzen Hause keine Feder, keine
Tinte und kein Papier gewesen; da habe er es mit Kreide an die
Stubenthür geschrieben, und nun möge der Apotheker den Trank
kochen. Der Apotheker lachte über das große und schwere Rezept
und kochte die Medizin, und der Bauer fuhr damit heim zu seiner
kranken Frau. Die hat das Tränklein genommen, hat auch sonst
gethan, was ihr der Arzt befohlen hatte, und ist bald wieder gesund
geworden. Nach Bebel.
100. Das Riesenspielzeug.
1. Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand;
sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer;
du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
2. Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Thor
und stieg hinab den Abhang bis in das Thal hinein,
neugierig zu erkunden, wie's unten möchte sein
3. Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald,
und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt.