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Gegensatz zwischen der vresbhterianischeu Mehrheit des Parlamentes, 
die eine streng calvinische, gegen Katholiken und Sekten intolerante Staats- 
kirche aufrichtete, und den 'im Heer zahlreichen Jndependenten (s. S. 49) 
trat Cromwell auf die Seite der letzteren, die mchtdie anglikanische Tyrannei 
mit der presbyterianischen vertauschen wollten. (Diese Jndependenten 
wollten keine einheitliche Organisation der ganzen Kirche; die einzelne 
Gemeinde war ihnen alles; auch von einer Beschränkung des Dienstes am 
Wort auf die Geistlichen wollten sie nichts wissen. Sie leugneten auch die 
Göttlichkeit des Königtums und vertraten republikanische Anschauungen. 
Mit all dem traten sie in einen Gegensatz zu den Presbyterianern, die nun¬ 
mehr so intolerant wie früher die Episkopalisten in England herrschten.) 
Die Parlamentsgenerale wurden entfernt, und „der große Jndependent" 
erfocht als die rechte Hand des neuen Generals Fair fax (spr. Fährfäx) 
bei Nafebi (fpr. Nehsbi) 1645 einen entscheidenden Sieg über den König. 
Dem in Oxford eingeschlossenen König blieb nichts übrig, als zu den Schotten 
zu fliehen (1646). 2) Da Karl sich in religiösen Dingen nicht zum Nach- 
geben bringen ließ, Gerließen ihn die Schotten gegen Zahlung von 
400 000 Pfund dem Parlament. Der Gegensatz zwischen dem Parlament 
und dem Heer eröffnete Karl noch einmal bessere Aussichten. Das Parlament 
hätte sich gern mit dem König verständigt und das Heer unschädlich gemacht. 
Die Führer des independentistischen Heeres wie Cromwell dachten gleich- 
falls an Aussöhnung mit dem König. Aber der König wollte nur die eine 
Partei mittelst der andern besiegen und schadete sich durch seine Zwei- 
deutigkeit. Die Jndependenten im Heer, die von Anfang an geneigt waren 
auch'über das Königtum wegzuschreiten, sahen mißtrauisch auf die Ver- 
Handlungen ihrer Führer mit dem „großen Mörder von England". Als eine 
Erhebung der Spotten zugunsten des Königs von dem Heer im zweiten 
Vüraerkrieä (1618)'~niedergeschlagen war, war Karl verloren. Das 
Heer bemächtigte sich seiner, entfernte mit roher Gewalt 96 presbyterianifche 
Mitglieder aus dem Parlament und ließ durch dieses Rumpf - Parlament 
den König vor einen außerordentlichen Gerichtshof stellen. Es warmem 
völlig gesetzloses Vergehen, eine vielfache Verletzung der Verfassung. Der 
König verwarf henn auch stolz und würdig diese unbefugten Richter und 
weigerte sich, ihnen Rede zu stehen. Nicht die Hälfte der gewählten Richter 
nahm an den Verhandlungen teil. Von diesem Gericht wurde Karl als 
„Tyrann, Verräter, Mörder und Feind des Gemeinwesens" zum Tode 
verurteilt. Am 30. Januar 1649 erlitt Karl nach einer kurzen Ansprache, 1649. 
in der er sich als „Märtyrer des Volkes" bezeichnete, furchtlos den £od. 
„Das ist der Kopf eines Verräters!" rief der Henker, als er das Haupt dem 
Volk zeigte. Das anwesende Volk antwortete mit dumpfem Stöhnen. 
3. Die Republik. Cromwell. (1649—1660) a. Begründung 
der Republik. Das Oberhaus und das Königtum wurden aufgehoben. 
England wurde eine Republik. Der Rumpf wurde als ausreichende Volks- 
Vertretung angesehen. Die Geschäfte besorgte ein Staatsrat, in dem 
Cromwell das wichtigste Mitglied war, lange, ehe er (1653) als Protektor 
eine eigentlich königliche Stellung einnahm. Der große Dichter Milton 
(spr. Milt'n), der Dichter des „verlorenen Paradieses", wurde Staats- 
sekretär und mühte sich den Königsmord zu rechtfertigen. Zwar riefen 
Irland und Schottland den Prinzen von Wales als Karl II. zum König 
aus. Aber Cromwell schlug zuerst die irische Erhebung (1649) unter 
Frohnmeyer, Lehrbuch. II. Teil. 7
	        
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