Karls V. Ausgang. 
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vergaß er des eigenen Verlustes und sorgte, daß der Kranke ins 
Lager getragen würde. Dieser glaubte, ungeachtet großer Schmerzen, 
die Wunde sei nicht gefährlich und freute sich über die um ihn 
herumgestellten erbeuteten Fahnen und Standarten. Aber bald 
fühlte er, daß er sterben müßte. Er schrieb an seinen Bruder, 
empfahl ihm seine Frau und Tochter, sein einziges Kind, richtete 
seine Augen gen Himmel und sprach: „Herr Gott Vater, weil du 
gesagt hast, aller Menschen Namen seien im Himmel geschrieben, 
und ich auch ein Mensch bin, hoffe derhalben nngezweifelt, mein 
Name sei auch geschrieben. Auch weil du gesagt haft, wir seien 
alle deine Kinder und Erben, so bitte ich durch Jesum Christum, 
wollest; mir gnädig sein, und mich einen Miterben sein lassen und 
meinen Geist in deine gnadenreiche Hand durch Jesum Christum 
nehmen." Mit diesen Worten verschied er sanft, erst 32 Jahre 
alt, von Allen betrauert. Selbst Johann Friedrich sprach bei der 
Nachricht von seinem Tode: „Ich habe die beste Ursache, ihm 
gram zu sein; aber er war ein ungemeiner und hochwunderbarer 
Mann." 
89.' Karls V. letzte Jahre. 
Seit der durch Moritz erlittenen Demüthigung hat Kaiser Karl 
keine frohe Stunde mehr verlebt. Alles mißlang ihm. Er hatte 
einen einzigen Sohn, den finstern, stolzen, heimtückischen Philipp; 
den hätte er gern den Deutschen zum Kaiser ausgedrungen; aber 
so bald sie ihn nur sahen, hatten sie schon genug an seinem finstern 
Gesichte, das nie zum Lachen sich verzog; auch wollte Ferdinand 
nicht die Krone abtreten. *) Dann fing Karl wieder einen Krieg 
mit Frankreich an; aber seine Heere wurden geschlagen, und der 
Versuch, Metz wieder zu erobern, schlug fehl. Dabei marterte ihn 
eine giftige Krankheit, die ihm keine schmerzenssreie Stunde ver¬ 
gönnte. Da faßte er endlich den Entschluß, seine Regierung nieder¬ 
zulegen und in klösterlicher Stille die ihm noch übrigen Jahre zu¬ 
zubringen. Im Herbst 1555 reiste er dazu nach Brüssel, ließ 
seinen Sohn Philipp dahin kommen, und trat ihm in feierlicher 
*) Dabei zeigten sich einmal wieder die Ansprüche des Papstes. Als dieser 
von der Abdankung Karls Nachricht bekam, erklärte er diese für ungültig, weil 
Karl die Krone in seine, des Papstes, Hände hätte niederlegen müssen; denn 
unter den Kurfürsten wären drei Ketzer. Ferdinand solle daher seiner Wahl 
entsagen und die Entscheidung dem römischen Stuhle anheimstellen!!
	        
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