130 Zweiter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
die Griechen in vollem Lauf auf die Perser los. Im Mitteltreffen
wurden die dünnen Reihen der Griechen zwar von den Feinden durch¬
brochen; nachdem aber der Kampf auf den beiden Flügeln sich zu
Gunsten der Griechen entschieden hatte, drängten diese gegen die
Mitte vor: die Perser wurden gänzlich zurückgeschlagen und eilten in
voller Flucht ihren Schiffen zu, verfolgt von den kampfesfrohen Scharen
der Sieger. 6400 Perser deckten das Schlachtfeld, aber nur 192
Griechen. Von den persischen Schiffen gingen sieben verloren, die
übrigen fuhren um das Vorgebirge Sunion, um Athen anzugreifen;
allein sie fanden ihre tapferen Gegner auch hier und kehrten be¬
schämt in ihre Heimat zurück, begleitet von Hippias, der auf der
Rückfahrt starb. Das spartanische Hilfsheer traf einen Tag nach
der Schlacht in Marathon ein und bewunderte die Siegesthat der
Bundesgenossen.
Dem Sieger von Marathon wurde von den Athenern anfangs
große Ehre erwiesen. In einer öffentlichen Säulenhalle wurde ein
Gemälde der Schlacht bei Marathon ausgestellt, welches ihn als An¬
führer des Griechenheeres zeigte; er erhielt ferner die Mittel zu einem
Zuge gegen die Insel P a ro s, welche sich den Persern unterworfen hatte.
Bei der Belagerung dieser Insel wurde er jedoch durch einen
Waldbrand an der kleinasiatischen Küste getäuscht, der als ein Feuer¬
zeichen der herbei eilenden persischen Flotte gedeutet wurde; er brach
die Belagerung ab und kehrte erfolglos und verwundet nach Athen zu¬
rück. Hier schlug jetzt die Stimmung gegen ihn um; er wurde zur
Zahlung eines Kostenbetrages von 50 Talenten (ein Talent zu
4700 Mark) verurteilt, und da er diese hohe Summe nicht ent-
entrichten konnte, starb der Held von Marathon an seiner Wunde
im Gefängnis.
Themistokles und Aristides. Nachdem Miltiades die Gunst
des athenischen Volkes verloren hatte, gewannen Themistokles und
Aristides großes Ansehen in Athen. Beide hatten bei Marathon als
Feldherrn mitgekämpft, beide waren von gleicher Liebe zu ihrer Vater¬
stadt beseelt, aber durchaus verschiedenen Wesens. Themistokles
war durch geistige Gewandtheit, große Beredsamkeit und Liebens¬
würdigkeit ausgezeichnet und erfreute sich innerhalb der Volkspartei
allgemeiner Beliebtheit. Er war von Jugend auf sehr ehrgeizig und
strebte nach der Führerschaft in Athen; die Siegeszeichen des Miltiades
„ließen ihn nicht schlafen." Nach dem Rückzug der Perser sah er voraus,
daß dieselben neue Versuche zur Unterwerfung Griechenlands machen
würden; er war deshalb bestrebt, die Athener zur Gründung