Full text: Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen

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Da ergreift er sein Horn Olifant und bläst so gewaltig hinein, daß 
der Ton trotz des Lärmens der Schlacht acht Meilen weit schallt und Karl 
auf seinem Rückzüge es hört; schleunig kehrt er um. Aber ehe er heran- 
kommt, fallen auch die letzten Helden um Roland; er selbst sieht den Tod 
vor Augen; den Rest seiner Kraft setzt er daran, seine 12 Gefährten zu be- 
statten; dann sinkt er erschöpft auf einen Felsblock und ergiebt sich in 
sein Los. 
Noch ist er nicht tot; als ein Heide heranschleicht, ihn zu berauben, 
schlägt er Olifant auf dessen Haupt in Stücke. Sein gutes Schwert, der 
treuefte Freund auf so vielen Kriegszügen, soll nicht in Feindes Hand fallen. 
Er nimmt Abschied von ihm; dann will er es an dem Felsen zerschellen; 
aber solange seine Hand es berührt, bleibt es hart und scharf, ohne Mal 
und ohne Scharte. Da fleht er zu Christus, daß er es nicht den Heiden 
überlaste, daß er König Karl und fein Heer schütze und geleite. Darauf 
neigt er das Haupt und stirbt. 
Karl kommt zu spät, um Roland zu retten; aber furchtbar rächt er 
ihn an den Feinden. Über den Verlust feines Roland weint er bitterlich; 
als es sich herausstellt, daß Geneluns Verrat den Tod des besten Helden 
verschuldet hat, da muß der feige Bösewicht die schwerste Strafe erleiden: 
sein Körper wird von Pferden auseinander gerifsen. 
7. Mo der protze (936-73). 
1. Das mächtige Reich Karls des Großen löste sich unter seinen 
schwachen Nachfolgern auf. Deutschland schied aus der Gemeinschaft mit 
Frankreich und Italien aus. Die Franken, der bisher herrschende Stamm, 
traten zurück hinter die Sachsen. Wohl hatte diese der große Frankenfürst 
erst zwingen müffen, das Christentum anzunehmen; als dies aber geschehen 
war, erfaßten sie den neuen Glauben mit folcher Innigkeit, daß selbst ihre 
Dichter nicht mehr von den alten Göttern Wodan und Sachsnot, sondern 
von dem Heiland Jesus Christus sagten und sangen. 
Nur ihre Abneigung gegen das enge Wohnen in Städten verriet noch 
ihre Vorliebe für die frühere Ungebnndenheit. Auch diese mußten sie lassen, 
als aus ihrem Stamme Heinrich I. König von Deutschland wurde. Er 
machte ihnen klar, daß sie ohne ummauerte Orte gar zu schwer den An- 
griffen raubfüchtiger Nachbarn (besonders der Ungarn) widerstehen könnten. 
Deshalb nötigte er sein Volk, Burgen zu bauen, und manche mußten als 
Burgmannen (Bürger) hineinziehen. Noch jetzt zeigen die Namen vieler
	        
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