174 Vom Tode Friedrichs des Großen bis zum Ende der Freiheitskriege.
dem russischen General Suworoff gelang es, die Aufständischen bei Brzesc und
Maciejowice vernichtend zu schlagen (Rosciuszko geriet verwundet in Gefangenschaft)
und Warschau einzunehmen. *795 wurde darauf der Rest des polnischen Reiches
unter die drei Nachbarstaaten aufgeteilt. Preußen erhielt dabei ein Gebiet von etwa
900 Euadratmeilen (Neuostpreußen und Neuschlesien).
§ 16. Übersicht über die Geschichte der französischen Revolution?)
I. Ursachen des Ausbruchs der Revolution.
Während es den Anschein gewann, als sollten die überlebten Formen
staatlichen und sozialen Lebens auf dem Wege einer langsamen, aber fried¬
lichen Entwicklung den Fortschritten der Geisteskultur der westeuropäischen Völker
entsprechend umgestaltet werden (aufgeklärter Absolutismus vor allem im Staate
Friedrichs des Großen), wurde in Frankreich der Entstehung neuer sozialer und
politischer Bildungen durch eine revolutionäre Zertrümmerung der alten Zustände
gewaltsam Raum geschaffen. Nirgends war die Entartung des Feudal¬
wesens und des Absolutismus so weit gediehen wie im Reiche der
Bourbonen, und als daher die verspäteten Reformversuche einer wohlmeinenden,
aber energielosen Regierung die daraus erwachsenen unhaltbaren Zustände zu
bessern versuchten, gaben sie nur den Anstoß zu einem vollständigen
Umsturz aller staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung.
1. Das soziale und wirtschaftliche Leben Frankreichs war bis
zu gänzlicher Unhaltbarkeit der bestehenden Verhältnisse entartet.
a. Die Bevölkerung Frankreichs gliederte sich in drei Stände: den
Adel, den Klerus und den sogenannten dritten Stand (Bürger und Bauern),
der durch eine geradezu extreme Ausprägung der Standesschranken von den
beiden oberen Ständen getrennt war. Adel und Klerus genossen auf Kosten
des dritten Standes die weitgehendste Privilegierung (Steuerprivilegien, aus¬
schließliches Anrecht auf den Besitz der Offizierstellen und der höheren Staats¬
ämter, Ausübung der Polizeigewalt und der niederen Gerichtsbarkeit in den
Händen der Grundherren).
b. In dem Besitze des Adels und des Klerus befanden sich etwa 2/3 des
gesamten Grundbesitzes, dessen Inhaber nichtsdestoweniger von fast allen direkten
Leistungen an den Staat befreit waren, während die große Masse des wirt¬
schaftlich am schwächsten dritten Standes die besonders durch die ver¬
schwenderische Hofhaltung ins Ungeheure gesteigerten finanziellen Bedürfnisse
des Staates zu decken hatten.
a. Der Adel war durch den Luxus und den durch seine Teilnahme an
dem glänzenden Hofleben verursachten Aufwand meist finanziell ruiniert. Die
meisten Adligen sahen ihre Güter nur, um von ihren hörigen Pächtern
möglichst hohe Erträge zu erpressen; ihren Grundbesitz hatten sie in kleinen
Parzellen von höchstens vier Hektar gegen die Hälfte des Rohertrages an ihre
leibeigenen Bauern vergeben.
i) Genaueres über die Geschichte der Revolution in Frankreich bei Sybel, Geschichte
der Revolutionszeit; Thiers, Geschichte der französischen Revolution. Übersetzt von Mohl;
Flathe, Geschichte der neuesten Zeit (Allgemeine Weltgeschichte. X.—XU. Bd.).