Full text: Die vaterländische Geschichte von 1648 bis 1815 (Teil 3)

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artigsten Bauwerke Deutschlands im 18. Jahrhundert ist. Neumann stellt 
sich würdig der Berliner Wenzel von Knobelsdors (f 1753) an die 
Seite, der erst Artillerieoffizier war und darauf der Architekt Friedrichs 
des Großen wurde. Er war in Paris gebildet und zeichnete sich aus durch 
hohe Begabung und feinen, klassischen Geschmack. Seine Hauptwerke sind 
das Schloß Sanssouci in Potsdam, dessen Nordfront mit der Kolonnade 
sein feines Verständnis für die Architektur und dessen Jnnenräume das 
anmutigste Rokoko zeigen, der Ausbau des Stadtschlosses in Potsdam 
und das Berliner Opernhaus. 
Um das Jahr 1770 endete in Deutschland das Rokoko, und nun erst 
führten die Bestrebungen Winckelmanns eine durch erneutes und tiefer ein- 
dringendes Studium des klassischen Altertums abweichende Bauart herbei. 
Mau verließ das Schnörkelwesen des Rokoko und kehrte zu den reinen 
Formen der griechischen Kunst zurück. 
C. Die Zeit der französischen Revolution. 
1. Die französische Revolution von 1789—1799. 
a) Die Veranlassung. 
Auf politischem und sozialem Gebiete führte die Aufklärung zur Beseitigung der 
bestehenden Verhältnisse zuerst in Frankreich, wo die Zustände durch die Mißregierung 
Ludwigs XV. völlig unhaltbar geworden waren. Während in den meisten europäischen 
Staaten durch die Fürsten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wohltätige 
Reformen ins Leben getreten waren, war in Frankreich nichts dergleichen geschehen. 
Nirgends herrschte der Despotismus so gewalttätig und so bedrohend für jedes einzelnen 
Person und Eigentum wie hier, in keinem anderen Staate hielt man so zäh an der- 
alteten Staatseinrichtungen, die ihren Ursprung in den mittelalterlichen Feudalzuständen 
hatten, fest. Neben dem Könige nahmen noch immer die Geistlichkeit und der Adel 
die bevorzugteste Stellung ein, trotzdem beide Stände längst ihre Würde eingebüßt hatten 
und einesteils durch Unfittlichkeit und geistige Trägheit, andernteils durch Leichtsinn und 
Stolz, Verschwendung und Ausschweifungen die Verachtung des dritten Standes heraus- 
forderten. Der dritte Stand (tiers-ätat) oder die Bourgeoisie umfaßte den größten 
Teil der geistigen und materiellen Kraft des französischen Volkes. Zu ihm zählten 
Advokaten, Ärzte, Kaufleute, Künstler, Gelehrte, Beamte, selbständige Handwerker, freie 
Gutsbesitzer. Trotzdem der ganze Handel und Geldverkehr in den Händen des dritten 
Standes lag, so galt der reichste Bürger doch im Staate weniger als der ärmste Adlige 
und hatte' bei jeder sich bietenden Gelegenheit den brutalen Hochmut namentlich des 
Hofadels zu erfahren. Auf der untersten Stufe standen die Bauern, die teils lehen- 
tragende Kleinbesitzer, teils Pächter und Tagelöhner waren. Auf dem Bauernstande 
ruhte der ganze Druck der Abgaben und Lasten aller Art. Er mußte dem Gutsherrn
	        
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